Dreh- und Angelpunkt der neuen Fahrradwelt: Die Pinion-Getriebeeinheit direkt am Tretlager. Foto:  

Ein kleines Unternehmen mischt mit einer innovativen Fahrradnabe den Markt auf. Inzwischen setzen mehr als 100 Hersteller auf die Premiumschaltung aus Denkendorf. Pinion sieht im Bereich der E-Bikes ein hohes Wachstumspotenzial.

Denkendorf - Das geflügelte Wort vom „hidden champion“, vom heimlichen Meister, nimmt Pinion wörtlich. Wer das Unternehmen im Industriepark von Denkendorf finden will, braucht detektivisches Geschick. Die Überflieger residieren im Heerweg 15 A, ein Stockwerk über der Gemeinde Gottes. Direkt über den Versammlungsräumen der pfingstkirchlichen Glaubensgemeinschaft schlägt das Herz eines Unternehmens, das sich aufgemacht hat, die Fahrradszene zu erobern. Hier ist der Sitz der Pinion GmbH, die der Geschäftsführer und Mitbegründer Christoph Lermen schmunzelnd als den „Weltmarktführer im Bereich der Fahrrad-Zentralgetriebeschaltungen“ preist.

Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Dem Unternehmen, das ein mittig im Rahmen sitzendes, wartungsarmes und bequem per Drehgriff bis zu 18 Gängen hoch -und runterschaltendes Fahrradgetriebe produziert, ist das Prädikat „Weltmarktführer“ schon allein deshalb in den Schoß gefallen, weil es keinen Hersteller gibt, der etwas Vergleichbares herzustellen in der Lage wäre. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass das Pinion-Getriebe seit der Vorstellung im Jahr 2011 nicht nur jedes Jahr mehr Fahrräder an- , sondern mittlerweile eine ganze Branche vor sich hertreibt.

Die Erfolgskurve weist nach oben

Es gibt weltweit kaum noch einen namhaften Hersteller, der kein Pinion-Rad im Angebot hat – auch wenn die von der innovativen Getriebenabe beschleunigten Zweiräder meist mit gebührendem Abstand einsam und allein am oberen Ende der jeweiligen Preisskala rangieren. „Wir sind mit zehn Herstellern gestartet. Inzwischen beliefern wir mehr als 100 Partner mit unseren Getrieben und sind jedes Jahr um 20 bis 30 Prozent gewachsen“, sagt Lermen. Die Erfolgskurve des jungen Unternehmens weist, nachdem Pinion auch den amerikanischen Markt ins Visier genommen hat, weiterhin steil nach oben.

Im Flur, der zu den Produktionsräumen führt, zeugt eine kleine Ausstellung von den Preisen, die Lermen und sein Partner Michael Schmitz für ihre bahnbrechende Erfindung bisher eingesackt haben: zwei Eurobike Gold Awards, den Design und Innovation Award, den Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg, den Deutschen Gründerpreis und schließlich, vor zwei Jahren, den Innovationspreis des Landkreises Esslingen.

Dabei ist das Prinzip Pinion denkbar einfach. Lermen und Schmitz haben ein Autogetriebe so weit geschrumpft, bis es in einem Fahrradrahmen gepasst hat. „Während eines Praktikums in der Entwicklungsabteilung bei Porsche in Weissach haben wir uns gefragt, warum das Prinzip einer gekapselten Schaltung seit einem Jahrhundert im Auto funktioniert, das Fahrrad aber immer noch mit der klapprigen und ölverschmierten Kettenschaltung daherkommt“, sagt Lermen.

Einmalig direktes-Fahrgefühl

Ein paar Patente später war aus dem automobilen Vorbild – sechs Gänge, 120 Kilogramm Gewicht – die fahrradtaugliche Pinion-Nabe mit bis zu 18 Gängen und einem Gewicht von 1,2 Kilogramm geworden. Die konstant abgestuften Gänge, die in einer gekapselten Hülle verschleißfrei wechseln, decken eine Bandbreite von 630 Prozent ab. Das ist weit mehr, als alle bisher auf dem Markt befindlichen Schaltsysteme erreichen. Zudem vermittelt die direkt am Tretlager sitzende Nabe ein einmalig-direktes Fahrgefühl.

Inzwischen hat Pinion, als Reaktion auf den wachsenden E-Bike-Markt, die Produktpalette nach unten hin ausdifferenziert und bietet Zwölf- , Neun- und Sechsganggetriebe an. „Wer elektrisch fährt, kommt auch mit weniger Gängen aus“, sagt Lermen. Gerade hier sieht er ein großes Wachstumspotenzial für sein 25 Mitarbeiter zählendes Unternehmen. Anders als bei den herkömmlichen Fahrrädern mit Mittelmotor und einer am Hinterrad angebrachten Schalteinheit begrenzt die Kombination von Pinion-Getriebenabe und Heckmotor den Verschleiß des Antriebsstrangs. „Darauf aufbauend werden wir bald mit neuen Produkten auf den Markt kommen“, kündigt Lermen an.