Am Tag danach in Tarragona: Ursache der Explosion in der Chemiefabrik muss noch geklärt werden. Foto: dpa-Bildfunk

Der Tank einer Chemiefabrik explodiert: Der herausgeschleuderte Tankdeckel bringt einen Mann in seiner Wohnung um – in zweieinhalb Kilometer Entfernung. Die Umstände sind kaum zu glauben.

Madrid - Es ist ein „fast unglaublicher“ Vorfall, sagt Pau Ricomà, der Bürgermeister von Tarragona, aber doch „die wahrscheinlichste Hypothese“: Am Dienstagabend ist ein 59-jähriger Mann in seiner Wohnung im nordostspanischen Tarragona zu Tode gekommen, weil in der Nachbargemeinde La Canonja der Tank einer Chemiefabrik explodiert war.

Der fast eine Tonne schwere Deckel des Tanks flog zweieinhalb Kilometer durch die Luft und schlug im dritten Stock eines Wohnhauses des Stadtteils Torreforta ein. Ein Teil des Fußbodens brach ein und begrub den Nachbarn im darunterliegenden zweiten Stock unter sich. Seine Frau, die mit einem Enkelkind zu einem Spaziergang auf die Straße gegangen war, fand ihn nach ihrer Rückkehr tot unter den Trümmern.

Die Explosion in der petrochemischen Fabrik IQOXE am Dienstag um 18.41 Uhr war kilometerweit zu hören, die Flammen waren kilometerweit zu sehen. Die Anwohner waren verunsichert, weil keine Alarmsirenen losgingen. Hinterher erklärten die Behörden, dass das nicht nötig gewesen sei. Das in der Fabrik verarbeitete Ethylenoxid sei leicht entzündlich, doch nicht giftig, wenn es einmal brenne. Der Besitzer der Fabrik, die spanische Cristian Lay Grupo Industrial, informierte über neun Opfer unter seinen Beschäftigten: einen Toten und acht Verletzte, einer von ihnen „in kritischem Zustand“.

Ursache der Explosion in der Chemiefabrik muss noch geklärt werden

Es war ein Glück, dass nicht noch mehr Menschen zu Schaden kamen. Um die Fabrik herum fand man am Mittwoch kilometerweit Metallteile, die wie Projektile in die Umgebung geschleudert worden waren. Als gefährlichstes Geschoss erwies sich eine 1,22 mal 1,65 Meter große und drei Zentimeter dicke Metallplatte, mutmaßlich der Deckel des explodierten Tanks. Wie eine „Feuerkugel“ sei die Platte über ihr Viertel geflogen, bis sie in der Wohnung an der Plaça García Lorca einschlug, berichteten später mehrere Nachbarn des getöteten 59-Jährigen.

Anfang glaubte die Feuerwehr, es sei die Druckwelle der Explosion gewesen, die das Haus teilweise zum Einsturz gebracht hatte. Aber kein anderes Gebäude nahm vergleichbaren Schaden. Am Mittwochvormittag veröffentlichte die katalanische Polizei dann ein Foto der Metallplatte in der Wohnung, in der sie eingeschlagen war: ein Foto wie aus dem Krieg.

Die Ursache der Explosion in der Chemiefabrik muss noch geklärt werden. Nach Informationen des Besitzers war der Tank seit Juni 2017 in Betrieb, störungsfrei bis zum Unfall am Dienstag. Die Anlage ist Teil des größten petrochemischen Industriegebietes Südeuropas in Nachbarschaft der katalanischen Mittelmeerstadt Tarragona.