Marcel Demirok, Florian Cohrs und Patrick Cohrs (von links): „Wir haben unsere Jugend am Max-Eyth-See verbracht.“ Foto: Peter Meuer

Sie pflegen die Angelgründe beim Max-Eyth-See seit Jahren und kümmern sich um die Fische. Nun äußern sich die Experten aus Kornwestheim zu den Folgen des Fischesterbens in dem Stuttgarter Gewässer.

Kornwestheim/Stuttgart - Marcel Demirok und Florian Cohrs schaudert es noch heute, wenn sie an das Fischsterben am Stuttgarter Max-Eyth-See denken. „Da sind Helfer in Tränen ausgebrochen“, sagt Florian Cohrs. „Wir haben Welse aus dem Wasser gezogen, die waren so alt wie ich“, ergänzt der 28-Jährige. Kopfschüttelnd haben die drei Kornwestheimer Angler gleichzeitig Menschen beobachtet, die rund um den See unterwegs waren, als sei alles in bester Ordnung. „Da haben sogar Leute die Füße im Wasser baumeln lassen, obwohl es eine Vergiftungswarnung gab und sogar Angler trotz ihrer Schutzkleidung hinterher Ausschlag bekamen.“

Anfang September kippte der Max-Eyth-See, der südlich von Mühlhausen liegt, um. Zehntausende Fische verendeten wegen des Sauerstoffmangels dort, wo laut der gescheiterten Olympiabewerbung Stuttgarts die Triathleten hätten ihre Auftaktdisziplin, das Schwimmen, absolvieren sollen. Mitglieder des württembergischen Anglervereins und Helfer schafften sie in harten Stunden aus dem Wasser. Das Technische Hilfswerk pumpte Frischwasser in den See. Auch Marcel Demirok und Florian Cohrs waren dabei und halfen, tote Fische aus dem See zu ziehen.

Große Verbundenheit mit dem See

Nun sind sie erneut mit Florian Cohrs Bruder Patrick am See. Das Trio stammt aus Kornwestheim – sie sind in dem Verein aktiv, der den Max-Eyth-See von der Stadt gepachtet hat und blicken auf das Dilemma zurück. Vor allem Florian Cohrs ist aktiver Angler. Dazu gehört weit mehr, als die Rute auszuwerfen, berichtet er. „Wir setzen Fische ein, bewirtschaften die Seen, sind im Naturschutz aktiv“, sagt er. Wie viel den Kornwestheimer Anglern der Max-Eyth-See bedeutet und wie sehr sie das Fischsterben betroffen macht, berichtet Patrick Cohrs: „Die Verbundenheit zur Natur ist groß“, sagt er. Früher, als sie noch jünger waren, da seien sie fast jedes Wochenende am See gewesen, mit 13, 14 Jahren haben die drei Freunde den Fischereischein gemacht.

Forderungen an die Politik

Marcel Demirok, seit Mai Stadtrat für die FDP in Kornwestheim, sagt: „Nun ist die Politik gefragt.“ Der württembergische Anglerverein habe klar gemacht, dass er von der Stadt Stuttgart mehr als ein „Weiter so“ erwarte. Was Marcel Demirok, Florian und Patrick Cohrs ärgert: Schon seit Jahren ziehen die Angler zum Ende des Sommers tote Fische aus dem Wasser. Dass es einmal zu einer größeren Katastrophe kommen könne, das habe sich daher angekündigt. Im Stuttgarter Rathaus habe man sich aber trotz vieler Warnungen überrascht gezeigt. Mit dem Umkippen des Max-Eyth-Sees habe bei der Stadt niemand gerechnet, ließ etwa der Stuttgarter Umweltbürgermeister Peter Pätzold (Grüne) verlauten.

Wie konnte es so weit kommen?

Der Max-Eyth-See ist nicht einfach zu bewirtschaften, das wissen die Kornwestheimer Angler. Der See ist flach, er heizt sich schnell auf. Diesen Sommer kam wohl neben dem Sauerstoffmangel noch die Vergiftung mit Blaualgen – die trotz des Namens Bakterien sind – hinzu.

„Einige schieben das auf den Klimawandel, doch das greift zu kurz“, sagt Demirok. Problematisch sei beispielsweise, dass der See baulich komplett vom Neckar abgetrennt sei und es daher keinen Frischwasserzulauf gebe – auch wenn das Schadstoffe fernhalten soll. „Seit die Verbindung gekappt wurde, gab es jedes Jahr ein Fischsterben“, sagt Florian Cohrs.

Hoffnung auf eine Lösung

Aktuell wird weiterhin Frischwasser in den Max-Eyth-See gepumpt, die Stadt befasst sich mit dem Problem: Ende vergangener Woche wurden in der Sitzung des Stuttgarter Klima- und Umweltausschusses Planungen vorgestellt für ein Frühwarnsystem und eine bessere Versorgung des Sees mit Sauerstoff.

„Es ist gut, dass das Thema jetzt Öffentlichkeit erhalten hat“, sagt Marcel Demirok. Er hoffe nun, dass der See nicht wieder von der städtischen Agenda verschwinde. „Und wirklich etwas passiert.“