Die Nilgänse machen nun auch den Schönbuch unsicher. Foto: dpa

Die Brutvögel aus Afrika haben einen denkbar schlechten Ruf – sie sollen aggressiv sein und unsere heimische Arten bedrohen. Doch die Meinungen der Experten gehen auseinander.

Kreis Böblingen - In ihrer ägyptischen Heimat galten sie einst als heilige Vögel oder sogar als Götter. Mit ihrem bunten Gefieder und den markanten dunkelbraunen Flecken um die Augen sind die Nilgänse hübsch anzusehen – und wurden deswegen auch als Ziervögel nach Europa gebracht. Doch hier gelten sie heutzutage als ungebetene Gäste. Ihr Ruf ist denkbar schlecht: Aggressiv und gefährlich für die heimische Tierwelt sollen sie sein. Dementsprechend gering ist die Freude darüber, dass ein Nilgans-Pärchen nun auch am Kohlweiher in Hildrizhausen gesichtet wurde.

„Wir haben ein waches Auge darauf“, bestätigt Winfried Seitz, der Revierförster und Ornithologe im Kreis Böblingen. Das Paar habe jedoch noch keine Anstalten gemacht, zu brüten. Besonders beunruhigt ist Seitz wegen der exotischen Vögel noch nicht: „Seit zehn Jahren kommen Nilgänse im Kreis Böblingen und Tübingen vor. Wir haben bisher jedoch noch keine besorgniserregende Ausbreitung festgestellt.“ Vor etwa zwei Jahren beobachteten er und seine Mitarbeiter ein Paar an den Kayhertalwiesen im Schönbuch und ein Paar bei Gültstein. Für das Landratsamt Böblingen hat er einen Statusbericht erstellt und kommt zu dem Schluss: „Die Folgen der Ansiedlung sind noch nicht dramatisch.“

Die Nilgans fällt durch ihr dominantes Auftreten auf

Seiner Meinung nach hat die Nilgans vor allem deshalb einen so schlechten Ruf, weil sie durch ihr dominantes Auftreten sehr auffällig ist. „Die Nilgans ist groß, sehr extrovertiert und laut. Sie zeigt vor dem Mensch keine Scheu. Deswegen fällt sie gleich negativ auf“, sagt Seitz. Er nimmt die Nilgänse jedoch auch in Schutz: „Nach unseren Beobachtungen ist ein Nebeneinander mit anderen Vögeln möglich.“

Dennoch wird die Nilgans seit 2017 von der Europäischen Union auf der Liste der potenziell invasiven Arten geführt. Dort stehen 49 Tiere und Pflanzen, die außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes mit menschlicher Hilfe angesiedelt wurden und dort für erheblichen Schaden sorgen. Die Nilgans steht auf dieser Liste, weil vermutet wird, dass sie andere Wasservögel, oder auch Fledermäuse, Waldkauz oder Wanderfalke verdrängen könnte, weil sie sich in Nestnähe besonders aggressiv verhält. Richtlinien, wie man mit den Tieren umgeht, gibt es in Deutschland jedoch noch nicht.

Nabu lehnt die Jagd auf Nilgänse ab

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) schätzt die Nilgans dagegen als gering bis nicht vorhanden schädlich ein. Das Abschießen der Tiere lehnt man beim Nabu ab: „Die Jagd ist lediglich dann gerechtfertigt, wenn es um eine sinnvolle Nutzung des bejagten Tieres geht – also wenn das Wildfleisch verzehrt wird“, sagt die Sprecherin Kathrin Klinkusch.

Während die Nilgänse im Kreis Böblingen noch toleriert werden, ging es ihnen in Stuttgart schon an den Kragen. Im vergangen Jahr war eine Vergrämung der Tiere in den Hohenheimer Gärten nicht gelungen – daraufhin wurden zwei Vögel abgeschossen, ein dritter suchte das Weite. Allerdings ließen sich die Gänse nicht lange abschrecken – in diesem Jahr machten es sich zwei Paare in den Gärten gemütlich.

Die Nilgans tritt an mehreren Stellen in Stuttgart auf und sorgt dort für Ärger. Auf dem Killesberg, im Rosensteinpark, im Schlossgarten oder am Max-Eyth-See haben sich Nil- und Kanadagänse zur Plage entwickelt, ihre Population nimmt zu. Auch in einem Frankfurter Freibad kämpft man gegen die großen Vögel, die dort die Liegewiese bevölkern und die Fläche mit Gänsekot besudeln. Auch dort wurde die Gans zum Abschuss freigegeben.

Einfache Regeln im Umgang mit Wildvögeln

„Die Jagd auf die Nilgans ist vom 1. September bis zum 15. Januar legal“, bestätigt auch Förster Seitz. Doch die Meinungen gehen auseinander, wie wirkungsvoll die Jagd auf die Nilgänse ist. Innerhalb der Städte dürfen sie nicht ohne weiteres gejagt werden, weshalb sie sich in Böblingen und Sindelfingen, wo sie immer wieder auftauchen, recht sicher fühlen können.

Laut Nabu gibt es im Umgang mit den Nilgänsen – wie mit übrigens allen anderen Wildvögeln auch – einfache Regeln zu befolgen. Passanten sollten einen Abstand von mindestens einem Meter zu den Tieren einhalten und sie keinesfalls füttern.