Jens Kellers Zeit beim 1. FC Nürnberg ist abgelaufen. Foto: dpa/Daniel Karmann

Ohne Trainer Jens Keller geht der 1. FC Nürnberg in die Relegationsspiele zum Verbleib in der 2. Bundesliga. Das teilten die Franken am Montag mit.

Nürnberg - Nach dem nächsten Tiefpunkt einer katastrophalen Saison flüchtete sich der „Club“ zunächst in Durchhalteparolen - und dann in eine Verzweiflungstat. Der so krachend abstürzende 1. FC Nürnberg hat noch vor den beiden Relegationsspielen um den Verbleib in der 2. Liga seinen Trainer Jens Keller rausgeworfen. Das teilten die Franken am Montag mit. Nun sollen Michael Wiesinger als Chefcoach und Marek Mintal als dessen Assistent den neunmaligen deutschen Fußball-Meister vor dem Sturz in die Drittklassigkeit bewahren.

Mintal sprang schon einmal ein – und verlor deutlich

Am Mittwoch sollen die beiden ihre Rettungsmission aktiv auf dem Trainingsplatz beginnen. „Wir sind nach reiflichen Überlegungen, zahlreichen Gesprächen und einer intensive Analyse zu dem Entschluss gekommen, dass wir noch einmal einen neuen Impuls setzen wollen“, sagte Sportvorstand Robert Palikuca. „Michael Wiesinger und Marek Mintal waren für uns dabei die einzige sinnvolle Lösung. Beide kennen die Mannschaft, das Umfeld und können ohne Eingewöhnung direkt loslegen.“

Wiesinger sprang 2012 schon als Profi-Coach ein und ist aktuell Chef des FCN-Nachwuchsleistungszentrums. Der frühere Torjäger Mintal rückt von der U21 hoch. In der Hinrunde war der Slowake bereits für ein Spiel verantwortlich und verlor das mit 1:5. Danach übernahm Keller.

Der 49-Jährige konnte den Sturzflug des FCN in diesem Frühjahr aber nicht stoppen. Nach der Corona-Pause gab es in neun Partien nur einen Sieg. Das 1:1 am Sonntag bei Holstein Kiel war der womöglich entscheidende Patzer - bei einem Sieg wäre Nürnberg gerettet gewesen.

Kurz danach war er noch davon ausgegangen, Trainer zu bleiben. Tags darauf senkten die Bosse den Daumen. „Diese Entscheidung haben wir uns alles andere als leicht gemacht. Jens hatte ein hervorragendes Verhältnis zur Mannschaft“, beteuerte Palikuca. Der Sportvorstand hatte in Kiel mit der Partie als „einem Spiegelbild der Saison“ gehadert und ergänzt: „Es nervt!“ Verantwortlich für Trainer und Kader ist allerdings just der Manager selbst.

Mögliche Gegner wurden bereits beobachtet.

Laut „Bild“-Zeitung arbeitete Palikuca bereits zuletzt an einer potenziellen Nachfolge-Lösung für Keller. Zumindest geht der Sportchef nicht unvorbereitet in die Relegation. Er ließ seit Wochen mögliche Drittliga-Gegner für die Ausscheidungsspiele beobachten.

Nach aktuellem Stand würden die Nürnberger am 7. und 11. Juli auf den FC Ingolstadt treffen, der in der 3. Liga aktuell Vierter ist. Weil Tabellenführer FC Bayern II nicht aufstiegsberechtigt ist, reicht der vierte Rang für die Relegation. Dieses Duell hätte personell eine kuriose Note: Im Vorjahr hatte Jens Keller just die Ingolstädter trainiert, wurde dann aber noch vor der Relegation freigestellt.

Nun scheiterte der frühere Schalker Champions-League-Coach auch beim „Club“. Im November war er als Nachfolger des Österreichers Damir Canadi am Valznerweiher angetreten, holte aber in 21 Spielen nur fünf Siege sowie acht Remis und damit einen noch schlechteren Punkteschnitt als Canadi. Seit Valerien Ismael 2014 hatte kein FCN-Cheftrainer weniger Zähler pro Partie vorzuweisen als Keller.

Der Frust war dem 49-Jährigen in Kiel anzumerken, auch wenn er lapidar feststellte: „Wir wollten den Sack zumachen. Das ist uns leider nicht gelungen und jetzt müssen wir eine Ehrenrunde drehen.“ Das „Wir“ konnte er keine 24 Stunden später streichen.

Für Nürnberg geht es um alles. Die Mannschaft beteuert, den Ernst der Lage zu realisieren, Palikuca wollte sogar „Aufbruchstimmung“ in der Kabine erkannt haben. „Wir hatten viele Negativerlebnisse, mit denen wir umgehen mussten. Wir haben trotzdem immer den Arsch hochbekommen“, sagte Kapitän Hanno Behrens. „Wir haben jetzt die zwei Spiele, alles andere ist egal. Wir werden alles raushauen.“

Nachdem die Franken in Kiel einmal mehr die Chance vermasselt hatten, eine Führung über die Zeit zu bringen und sich aus eigener Kraft zu retten, wurde Keller gefragt, ob er das Team psychisch denn gewappnet sehe für die Relegation. Daraufhin antwortete er tatsächlich: „Die Mannschaft hat schon gezeigt, welche Nerven sie hat.“