Serge Gnabry bittte zum Tänzchen Foto: AFP

Serge Gnabry ist beim deutschen 3:2-Sieg in den Niederlanden einer der überragenden Spieler gewesen. In seiner Heimat wird der 23-Jährige gefeiert – in England hingegen laufen viele Fans Sturm.

Amsterdam - Der teuerste und angeblich beste Abwehrspieler der Welt sieht nicht besonders Furcht erregend aus, als er am späten Sonntagabend mit Kapuzenpulli und Jeansjacke in den Katakomben der Amsterdam-Arena steht. Leise seine Stimme, leer der Blick. „Dumm gelaufen“, sagt Virgil van Dijk, „die Deutschen waren wirklich stark.“

Der Abwehrchef des FC Liverpool ist einer der Stars der Premier League, er ist Kapitän der niederländischen Nationalelf; der furchtlose Modellathlet hat 85 Millionen Euro gekostet, misst 1,93 Meter und wiegt 92 Kilo. An diesem Abend aber wirkt van Dijk plötzlich ganz klein. Ihm wurden die Grenzen aufgezeigt – von einem Mann, der einen Kopf kleiner ist und sich in England einst nicht durchsetzen konnte: von Serge Gnabry, beim 3:2-Sieg in Amsterdam einer der überragenden Spieler in einer starken deutschen Mannschaft.

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In seinem sechsten Länderspiel hat der 23 Jahre alte Stürmer des FC Bayern sein fünftes Tor geschossen, es war sein bestes Spiel und sein schönstes Tor. Gnabry ließ van Dijk einfach stehen, als er an der Strafraumgrenze in die Mitte zog und den Ball zur 2:0-Führung in den Torwinkel schlenzte. „Super, klasse“ fand Bundestrainer Joachim Löw nicht nur das Tor, sondern Gnabrys gesamte Leistung: „Serge hat wirklich toll gespielt, sich wahnsinnig viel bewegt, immer wieder den Ball behauptet und seinen Körper eingesetzt.“

Ein paar Minuten vor seinem großen Auftritt war Gnabry noch beim versuchten Dribbling an van Dijk jäh abgeprallt. Dass er sich davon nicht beirren ließ, spricht für das Selbstbewusstsein eines Mannes, der trotz seines jungen Alters schon zu viel erlebt hat, um sich nervös machen zu lassen: Mit 16 vom VfB Stuttgart ins Nachwuchsinternat des FC Arsenal gewechselt, mit 17 als künftiger Superstar gehandelt, dann aber in der Versenkung verschwunden, mit 21 nach Deutschland zurückgekehrt und nach Lehrjahren bei Werder Bremen und der TSG Hoffenheim schließlich zu Beginn dieser Saison bei den Bayern gelandet.

Seit Kurzem ernährt er sich nur nach vegan

Wegen eines Muskelbündelrisses waren zuvor Gnabrys Träume von einer WM-Teilnahme geplatzt– jetzt schickt er sich an, ein Star des deutschen Fußballs und eines der prägenden Gesichter des Umbruchs zu werden. Die nötige Schnelligkeit und Dynamik, die Torgefahr und Unbekümmertheit – der gebürtige Stuttgarter bringt alles mit, was in der Nationalelf in Russland gefehlt hatte und was Löw im Offensivspiel seiner Mannschaft wieder sehen will. Aus München bringt Gnabry die Empfehlung von bislang neun Toren und sieben Vorlagen in 31 Pflichtspielen mit. Eine stolze Bilanz im ersten Jahr beim Rekordmeister. Sein Vertrag wurde zuletzt bis 2023 verlängert.

Der Umbruch zeigt wirken – das ist unser Kommentar

Am Ende seiner Möglichkeiten sieht sich Gnabry noch lange nicht. – im Gegenteil, es geht erst richtig los. Seit Kurzem ernährt er sich nur nach vegan. Auch das ein Versuch, seine Leben außerhalb des Platzes zu optimieren und die Leistungsgrenzen zu verschieben. Schon jetzt aber ist er viel weiter gekommen, als ihm einst in England zugetraut wurde. Die Fans des FC Arsenal laufen inzwischen Sturm, weil ihr Club den Stürmer 2016 für schlappe fünf Millionen Euro an Werder Bremen verscherbelte. Derzeit wird sein Marktwert auf 45 Millionen geschätzt, Tendenz rasant steigend.

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