Bayerns künftiger Kapitän: Joshua Kimmich Foto: Baumann

Joshua Kimmich ist ein kompletter Spieler und der geborene Anführer. Neben der Stuttgarter Schule von Fried Schrof hat ihn vor allem ein Trainer geprägt.

Stuttgart - Als der Anführer zum Mann wurde, tat er das auf den kleineren Bühnen. Die Karriere des Joshua Kimmich, sie hängt eng mit jener von RB Leipzig zusammen – und umgekehrt. Von 2013 bis 2015 stiegen Kimmich und RB auf. Von der dritten in die zweite Liga. Und in ihrer ganzen Entwicklung. Die ersten Leipziger Höhenflüge waren auch Kimmich-Höhenflüge als Profi. Oft aber mit Turbulenzen auf dem Weg nach oben. „In der zweiten und dritten Liga, da lernt man Männerfußball“, sagt Kimmich heute im Rückblick: „Tiki-Taka mit zwei Kontakten ist da nicht, sondern es wird extrem körperbetont gespielt. Dieses Wissen, wie dort agiert wird, hilft mir auch heute noch.“

Die Gegner mit dem Messer zwischen den Zähnen, die gerne mal deftig austeilten gegen die ungeliebten, neureichen Emporkömmlinge des Brauseclubs samt ihren Jungspunden, machten aus dem Talent Kimmich einen gewachsenen, robusten Kicker. 2015 ging es gestählt zum FC Bayern. Dorthin also, wo es Kimmich inzwischen zum gestandenen Nationalspieler gebracht hat. Dort, wo er auch im DFB-Pokalfinale in Berlin an diesem Samstag (20 Uhr/ARD) gegen seinen Ex-Club wieder den Anführer geben wird. Kimmich (24) ist längst so etwas wie der Juniorchef des Rekordmeisters. Und es ist für die meisten Experten klar, dass er in nicht allzu ferner Zukunft der Kapitän in München sein wird.

Schrof ist beeindruckt von Kimmich

Was für ein Typ. Und was für eine Karriere – die in Stuttgart ihren Anfang nahm.

Kimmich ist zwölf Jahre alt, als er 2007 zum VfB in die Jugend wechselt und dort zum ersten Mal auf den damaligen Nachwuchschef Frieder Schrof trifft. Bis 2013 bleibt Kimmich in Stuttgart, ehe es nach Leipzig geht. Bei Schrof hinterlassen die sechs Jahre einen bleibenden Eindruck. So einen Typen hat er selten erlebt. Und Schrof, der 28 Jahre lang beim VfB tätig war, hat viele erlebt.

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Was also macht Kimmich zum geborenen Chef? „Joshua zeichnet sich insbesondere durch seine herausragende Mentalität aus, er will keinen Zweikampf verlieren, kein Trainingsspiel und erst recht kein Spiel im Wettbewerb“, sagt Frieder Schrof: „Ansonsten ist mit ihm nicht gut Kirschen essen. Joshua ist Vorbild und Anführer durch und durch, vielseitig einsetzbar und zuverlässig, intelligent und ein feiner Charakter.“

Das sieht sicher auch Kimmichs Lebensgefährtin so – wobei es nicht überliefert ist, wie lange sie brauchte, um zu akzeptieren, dass ihr Liebster bei einer Niederlage im Backgammon oder beim Tischtennis ähnlich ungehalten reagiert wie auf dem Platz. Kimmich will nicht nur immer gewinnen – er muss es. Auch bei seinen Hobbys, das gibt er gerne zu.

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Wenn dieser Erfolgsbesessene aber auf der Verliererstraße ist, dann gibt es zumindest auf dem Platz bisweilen fast rührselige Bilder menschlicher Leidenschaft. Kimmich schreit dann, der Mund ist so weit geöffnet, dass er fast einen Ball darin verschlingen könnte. Nicht selten schießen ihm die Tränen in die Augen.

Aus Kimmich ist ein Komplettpaket geworden

Um den Siegeswillen und um die berühmte Mentalität brauchte man sich also wohl noch nie zu sorgen bei Kimmich, auch fußballerisch ging die Entwicklung stetig nach oben – ein Mann allerdings prägte den Nationalspieler beim FC Bayern nachhaltig. Pep Guardiola und Joshua Kimmich arbeiteten nach dessen Wechsel aus Leipzig im Jahr 2015 nur eine Saison in München zusammen – der katalanische Starcoach aber schaffte es, aus Kimmich ein Komplettpaket zu machen.

Flexibel einsetzbar war er ja schon immer. Jetzt wurde er auf verschiedenen Positionen spitze. Kimmich spielte plötzlich hinten in der Dreierkette und löste die Dinge formidabel. Der gelernte zentrale defensive Mittelfeldmann spielte irgendwann hinten rechts – und tut das zumindest in München bis heute. Trauert eigentlich noch irgendjemand einem gewissen Philipp Lahm hinterher? Eben.

Auch an diesem Samstag gegen Leipzig wird Kimmich wohl wieder den Rechtsverteidiger geben – mittelfristig zieht es ihn aber auch bei Bayern in die Mittelfeldzentrale, auf seine Lieblingsposition, auf der er einst beim VfB groß wurde und in der Nationalelf schon seit geraumer Zeit ran darf. Auch da gilt Kimmich mittelfristig als potenzieller neuer Kapitän.

Wie könnte es auch anders sein, bei diesem geborenen Anführer.

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