Schneller Mann für die rechte Außenbahn: Fabio Leutenecker (li.) im Dress von Türkgücü München. Foto: imago/Nordphoto

Türkgücü München steht nach zahlreichen Aufstiegen vor dem Sprung in die dritte Liga und träumt sogar von der Bundesliga. Ex-Kickers-Profi Fabio Leutenecker gibt Einblicke ins Innenleben eines außergewöhnlichen Clubs.

Stuttgart/München - Er spielte von der C-Jugend an zwölf Jahre lang bis 2016 für die Stuttgarter Kickers. Über den MSV Duisburg und den Chemnitzer FC landete Fabio Leutenecker beim Münchner Emporkömmling Türkgücü, das vor dem Aufstieg in die dritte Liga steht. Der 30-Jährige äußert sich im Interview über den von Migranten gegründeten Verein und seine eigene sportliche Zukunft.

Herr Leutenecker, wo wird man Sie in der kommenden Saison Fußball spielen sehen?

Das ist noch offen. Mein Vertrag bei Türkgücü München läuft am 30. Juni aus. Die Gespräche laufen, es gibt auch ein, zwei Alternativen. Mal schauen, was sich ergibt. Es ist nicht ganz einfach nach einem für mich schwierigen Jahr.

Erzählen Sie.

Ich bin im Januar 2019 zu Türkgücü gewechselt. Darüber habe ich mich sehr gefreut, zumal meine Freundin in München lebt und arbeitet und wir uns hier sehr wohl fühlen. Es lief auch sportlich zunächst richtig gut für mich. Ich gehörte zum Stamm, und wir stiegen von der Bayernliga in die Regionalliga Bayern auf.

Dann kam Reiner Maurer als neuer Trainer...

...und ich habe leider keine faire Chance mehr erhalten. Ich konnte im Training Gas geben wie ich wollte, nichts wurde honoriert. Folge war, dass ich lediglich in Pokalspielen zum Einsatz kam. Zumindest der Erfolg der Mannschaft gab ihm aber letztlich Recht. Türkgücü lag bis zur Corona-Pause klar an der Tabellenspitze.

Dennoch setzt der Club künftig auf einen neuen Trainer. Maurer musste gehen. Der Augsburger Alexander Schmidt, viele Jahre beim TSV 1860 München tätig und auch schon Scout beim VfB Stuttgart, soll Nachfolger werden.

Davon habe ich auch gehört. Es ist noch einiges offen im Verein.

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Zum Beispiel, ob der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Lizenz für die dritte Liga erteilt.

Ja, offenbar wird eine Hauptspielstätte benötigt, die uneingeschränkt zur Verfügung steht.

Dies ist weder im Grünwalder Stadion noch im Olympiastadion gegeben, weshalb der Verein sich sogar in Burghausen und im fast 300 Kilometer entfernten Würzburg umgeschaut hat.

Dies scheint das Problem zu sein. Bisher haben wir auf der Anlage des SV Heimstetten unsere Heimspiele ausgetragen vor vielleicht 300 bis 500 Zuschauern und unseren Trainingsplatz mussten wir mit drei anderen Amateurclubs und Klassen von vier Schulen teilen.

Da waren Sie ja von den Stuttgarter Kickers anderes gewöhnt.

Das kann man wohl sagen. Der ADM-Sportpark ist ein Schmuckkästchen dagegen, aber nicht nur im Vergleich zu Türkgücü, auch in Chemnitz waren die Trainingsbedingungen schlechter als in Degerloch. Jammerschade, dass die Blauen immer noch in der fünften Liga feststecken.

Türkgücü marschiert dagegen nach oben. 2013 Aufstieg in die Landesliga, 2018 Aufstieg in die Bayernliga, 2019 Aufstieg in die Regionalliga Bayern, 2020 wahrscheinlich Aufstieg in die dritte Liga. Was steckt dahinter?

Es ist ein sehr ehrgeiziges Projekt. Der Geschäftsmann Hasan Kivran steckt viel Herzblut und Geld in den Verein, er verfügt über ein großes Netzwerk. Unser Trikotsponsor ist AON, ein europaweit tätiger Versicherungskonzern, der auch mit Manchester United zusammenarbeitet. Aber Vieles ist bei Türkgücü noch am Anfang. Zum Beispiel soll es künftig auch Jugendarbeit geben, der Nachwuchs spielte bisher überhaupt keine Rolle.

Der Verein wurde im Jahr 1975 von türkischen Migranten gegründet, auch der ehemalige VfB-Profi Cacau stürmte einst für den Club. Inzwischen findet man im Kader zu 80 Prozent deutsche Namen, wie zum Beispiel auch den von Ex-VfB-Jugendspieler Patrick Hasenhüttl, dem Sohn von Southamptons Trainer Ralph Hasenhüttl.

Stimmt. Eine Erklärung habe ich dafür nicht. Ich weiß nur, dass unser Kader unabhängig von Nationalitäten sehr schlüssig zusammengestellt war und wir ein super Team hatten.