Sami Khedira (li.) in Aktion – die nächsten Wochen wird der frühere Profi des VfB Stuttgart wohl erst einmal nicht für Juventus Turin am Ball sein. Foto: dpa

Zuletzt zeigte Sami Khedira bei Juventus Turin aufsteigende Form. Nun fällt der frühere Profi des VfB Stuttgart aus – weil er sich einer Operation am Herzen unterziehen musste.

Stuttgart/Turin - Mit der Champions League hat Markus Weinzierl derzeit eher weniger zu tun. Die sportliche Lage des Fußballtrainers bietet eher das Gegenteil: Mit dem VfB Stuttgart kämpft Weinzierl gegen den Abstieg aus der Bundesliga. Die Lage, so fasste es Ex-Sportvorstand Michael Reschke jüngst zusammen, sei „dramatisch“. Auch Weinzierl weiß, wie ernst die sportliche Situation der Weiß-Roten ist, Reschkes Wortwahl will er dennoch nicht übernehmen. Dramatisch sei es, wenn es um die Gesundheit von Menschen gehe, sagte er stattdessen. Und dachte nun doch an die Champions League. Genauer: an Sami Khedira.

Der frühere Stuttgarter sollte am Mittwochabend mit Juventus Turin eigentlich im Achtelfinale bei Atlético Madrid antreten, doch als Massimiliano Allegri am Dienstag über die Partie sprach, sagte der Juve-Coach: „Khedira nicht dabei zu haben, ist ein Problem für uns.“ Das er nun voraussichtlich einige Wochen lang haben wird. Denn es ist keine Zerrung, die den Weltmeister von 2014 plagt, auch keine Bänderdehnung verursacht Schmerzen – es klingt besorgniserregender: Khedira litt an Herzrhythmusstörungen.

Erinnerungen an Stephan Lichtsteiner

Zu Beginn der Woche traten diese erstmals auf, im Training schlug Khediras Herz plötzlich schneller als gewohnt, woraufhin sich der 31-Jährige sofort den Ärzten anvertraute. Danach war klar: Jegliches Risiko wird ausgeschlossen, der Oeffinger wurde umgehend und intensiv untersucht – unter anderem vom Herzspezialisten Fiorenzo Gaita, der bereits den ehemaligen Schweizer Juve-Profi Stephan Lichtsteiner operiert hatte. Und nun auch Sami Khedira zum sofortigen Eingriff riet.

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Bereits am Mittwochvormittag unterzog sich der langjährige Nationalspieler in Turin diesem Eingriff, der beim Ärzteteam als Routine-OP gilt. Per Katheder wird eine Verödung von Herzmuskelgewebe vorgenommen, die Rhythmusstörungen werden so behoben. Die Alternative, eine langfristige Behandlung mit Medikamenten samt deren Nebenwirkungen, kam nicht infrage. Juve teilte mit: „Der Eingriff ist perfekt gelungen.“

Wie nun bei Khedira kamen auch beim heute 35-jährigen Lichtsteiner die Probleme aus dem Nichts. Keine der umfangreichen Untersuchungen, die Leistungssportler regelmäßig absolvieren, hatte im Laufe seiner langen Karriere auf Probleme mit dem Herzen hingedeutet – bis im Herbst 2015 Atmenot während eines Spiels auftrat. Untersuchungen ergaben dann Herzrhythmusstörungen als Ursache, Lichtsteiner wurde daraufhin am Herzen operiert – einen Monat nach dem Eingriff feierte er sein Comeback im Champions-League-Spiel bei Borussia Mönchengladbach. Er erzielte sogar einen Treffer.

Italiens Presse in Aufregung

Heute spielt er für den FC Arsenal in der englischen Premier League und engagiert sich für Projekte der Schweizerischen Herzstiftung. Er sagt rückblickend: „Ich habe gelernt, noch mehr auf die Signale meines Körpers zu achten. Vor allem aber wurde mir bewusst, wie wertvoll und entscheidend ein intaktes Herz ist und wie schnell einen so eine Erkrankung treffen kann – jederzeit.“ So wie nun seinen ehemaligen Mitspieler, der die Klinik am Mittwochabend bereits wieder verlassen durfte.

Dass bei solchen Beschwerden keinerlei Risiken eingegangen wird, hat auch mit Todesfällen zu tun, die es aufgrund von Herzversagen auch schon bei Fußballprofis gab. Zum Beispiel den von Davide Astori. Der damalige Profi des AC Florenz starb erste vor einem Jahr im Alter von 31 Jahren an einem plötzlichen Herzstillstand. Entsprechend reagierte die italienische Presse nun auf den Fall Khedira.

Khediras Saison verläuft holprig

„Angst um Khedira“, titelte die Zeitung „Tuttosport“. Die „Gazzetta dello Sport“ schrieb: „Kollektiver Schock für Juventus“. Zuletzt hatten die Berichterstatter den 31-Jährigen in den höchsten Tönen gelobt („Der Professor ist zurück. Er entfesselt das Spiel“), die Saison verläuft allerdings alles andere als reibungslos für den früheren Profi von Real Madrid.

In der Hinrunde musste Khedira (Vertrag bis 2021 mit einer Option auf ein weiteres Jahr) erst einen Muskelbündelriss auskurieren, Ende der Hinrunde war es eine Sprunggelenksverletzung, die ihm zu schaffen machte. Auf gerade einmal 15 Einsätze für Juve kommt der Mittelfeldspieler in dieser Spielzeit bislang. Wann weitere hinzu kommen, war zunächst unklar. Doch auch hier sieht der Club nach dem Eingriff klarer: „Nach einer kurzen Rehabilitationsphase wird der Spieler seine Tätigkeit wieder aufnehmen können“, heißt es. Rund einen Monat lang wird Khedira fehlen. Weil die ganze Sache am Ende glücklicherweise dann doch nicht ganz so dramatisch war, wie ursprünglich befürchtet.