Werner Mauss steht in Bochum wegen Steuerhinterziehung vor Gericht. Foto: Getty Images Europe

Der Ex-Geheimagent Werner Mauss hat am ersten Prozesstag zu den Steuervorwürfen geschwiegen. Undercover soll er unter anderem bei der Festnahme des RAF-Terroristen Pohle und beim Auffinden der Seveso-Giftfässer mitgewirkt haben.

Bochum - Mit einem schweigenden Werner Mauss hat am Montag vor dem Bochumer Landgericht der Steuerprozess gegen den Ex-Geheimagenten begonnen. Der 76-Jährige werde sich „jedenfalls heute nicht zur Sache einlassen“, sagte Mauss’ Verteidiger Rainer Hamm am ersten Prozesstag.

Die Staatsanwaltschaft legte dem geheimnisumwobenen Undercoveragenten mit Verlesung der Anklageschrift die Hinterziehung von mehr als 15,2 Millionen Euro Steuern und Solidaritätszuschlägen zur Last. Die Vergangenheit und die berufliche Tätigkeit von Mauss, der mit einer blauen Steppjacke und mit über den Kopf gezogener Kapuze den Gerichtssaal betrat, kamen am ersten Prozesstag nicht zur Sprache.

Verdeckte Aufträge für die Bundesregierung

Der gebürtige Essener arbeitete in den vergangenen Jahrzehnten oft verdeckt für die Bundesregierung und Polizeibehörden. Ins Visier der Steuerbehörden war Mauss Medienberichten zufolge durch eine Steuer-CD geraten, die nordrhein-westfälische Fahnder im Jahr 2012 gekauft hatten. Die CD soll Daten möglicher Steuersünder enthalten, die Geld über die Großbank UBS versteckt haben sollen.

Die Anwälte von Mauss wiesen bereits im Vorfeld des Prozesses die Vorwürfe vehement zurück. Sie argumentieren, Mauss habe ein Vermögen als Treuhänder verwaltet, das ihm deshalb wirtschaftlich nicht zuzurechnen sei. Eine „sachgerechte Verteidigung“ von Mauss in dem Bochumer Prozess sehen dessen Anwälte zudem nachhaltig erschwert durch den Umstand, dass sich Mauss aus Geheimhaltungsgründen womöglich gar nicht zur Sache äußern dürfe. Diese Frage sei noch nicht abschließend geklärt, betonte der Frankfurter Rechtsanwalt Hamm am ersten Verhandlungstag.

Verteidiger stellen Zuständigkeit von Bochum in Frage

Dagegen warf der Bochumer Staatsanwalt Timo Dörffer dem Ex-Agenten zu Prozessbeginn vor, von 2002 bis 2013 Einkünfte zwischen 1,87 und 5,22 Millionen Euro nicht angegeben zu haben. Dadurch habe der in Rheinland-Pfalz lebende Mauss, der unter dem Aliasnamen Dieter Koch beim Finanzamt Essen-Süd steuerlich geführt werde, 14.453.538 Euro Einkommensteuer hinterzogen und 794.443 Euro Solidaritätszuschläge nicht gezahlt.

Im Zuge der nach dem Kauf der Steuer-CD aufgenommenen Ermittlungen war Mauss am 21. Dezember 2012 kurzzeitig festgenommen worden, der Haftbefehl gegen ihn wurde aber noch am selben Tag außer Vollzug gesetzt. Mauss überwies damals dem Fiskus eine Abschlagszahlung von vier Millionen Euro und hinterlegte eine Million Euro Kaution, wie aus der am Montag verlesenen Anklageschrift hervorgeht.

Vom Kölner Domschatz bis zu Seveso-Giftfässern

Nicht durchsetzen konnten sich die Verteidiger von Mauss zu Prozessbeginn mit einem Antrag, in dem sie die örtliche Zuständigkeit des Bochumer Landgerichts für das Verfahren in Abrede stellten. Die Strafkammer wies den Antrag nach mehr als einstündiger Beratung zurück. Der Prozess, bei dem es sich um eines der größten Steuerstrafverfahren der vergangenen Jahre handelt, soll am 4. Oktober fortgesetzt werden.

Mauss soll unter anderem 1976 an der Wiederbeschaffung des gestohlenen Kölner Domschatzes in Belgrad mitgewirkt haben, ebenso im selben Jahr an der Festnahme des RAF-Terroristen Ralf Pohle in Athen. 1983 soll Mauss in Nordfrankreich 41 dioxinhaltige Giftfässer aufgespürt haben, die nach dem Seveso-Chemieunfall 1976 europaweit gesucht worden waren. In Kolumbien verhandelte er für deutsche Firmen mit der linksgerichteten Guerilla und wirkte auf die Befreiung entführter Mitarbeiter hin.