Der neue Teil des Kultur- und Kongresszentrums Liederhalle Foto: bildfreiheit

Mit dem Kongresszentrum Liederhalle fällt ein wichtiger Tagungsort weg. Die Betreiber erhalten eine Mietminderung von einer Million Euro. Doch die Stadt hat ein Problem.

Stuttgart - Stuttgarts Touristiker müssen Anfragen für Kongresse und Tagungen immer häufiger ablehnen. Dabei sind Kongressteilnehmer die spendabelsten und wirtschaftlich betrachtet somit wichtigsten Gäste für die Stadt. Der Grund für die Absagen: Es fehlt an Räumen, in denen Tagungen veranstaltet werden könnten. Und: Dieses Problem wird im kommenden Jahr noch deutlich größer. Denn ab Mitte 2019 soll ein Teil des Kultur- und Kongresszentrums Liederhalle (KKL) geschlossen werden – die Sanierung des neueren Bauteils soll rund 14 Monate dauern.

„Der Baubeschluss soll dem Gemeinderat im Frühjahr 2019 vorgelegt werden. Die Sanierung könnte dann Mitte 2019 beginnen und würde voraussichtlich bis September 2020 dauern“, sagt Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU). Gemeint ist die Sanierung des Neubaus des KKL – also Hegel- und Schillersaal sowie zahlreiche weitere Tagungsräume. Hauptgrund für die Sanierung ist der Brandschutz. Aktuell wird mit Kosten von rund 24,5 Millionen Euro gerechnet.

Betreiber des KKL ist die in.Stuttgart, welche auch Veranstalterin des Volksfests ist oder für das Programm in Porsche-Arena und Schleyerhalle zuständig ist. Vermieter ist die Landeshauptstadt selbst. Beide Parteien haben sich für die geplanten 14 Monate Schließung und Umbauzeit auf eine Mietminderung von rund einer Million Euro geeinigt. „Darin sind sowohl der Verdienstausfall wegen des Wegfalls von Veranstaltungen als auch die geringeren Kosten, etwa durch weniger Personaleinsatz, berücksichtigt“, sagt Föll. Diese Minderung kommt nach Informationen aus Immobilienkreisen ungefähr einer Halbierung der Miete für die Liederhalle gleich.

Die Sanierung des KKL kommt zur Unzeit, denn nie war die Nachfrage nach Veranstaltungsräumen in Stuttgart so hoch wie heute. „Die Knappheit an verfügbaren Locations wird jedes Jahr größer“, betont Stuttgarts Tourismuschef Armin Dellnitz. Das bestätigt auch der Leiter der Liederhalle, Norbert Hartmann: „In den Zeiten, in denen Kongresse stattfinden können, sind wir auf zwei bis drei Jahre ausgebucht.“

Noch nie gab es eine größere Nachfrage

Um dieser Knappheit entgegenzuwirken, plant die Stadt den Bau eines neuen Kongresszentrums. „Der Standort ist das sogenannte A3-Areal, also die Flächen direkt hinter dem Hauptbahnhof“, sagt Michael Föll. Das Rathaus hat für das Projekt einen städtebaulichen Wettbewerb ausgelobt. „Geplant ist ein großer Saal für mindestens 1500 Menschen sowie mehrere kleinere Räume für insgesamt nochmals rund 1500 Gäste“, so Föll weiter. Der Finanzbürgermeister fügt noch hinzu: „Wir wissen, dass die Teilnehmer von Kongressen und Tagungen die höchste Wertschöpfung aller Touristen für Stuttgart haben.“ Daher sei es wichtig, die Stadt als Veranstaltungsort zu stärken.

Doch auf dem A3-Areal kann erst nach Fertigstellung von Stuttgart 21 gebaut werden. Das bedeutet, dass bis zur Eröffnung eines neuen Kongresszentrums noch viele Jahre vergehen werden. „Die Gefahr besteht natürlich, dass dieser Bau zu spät kommen könnte“, attestiert daher auch Tourismuschef Dellnitz. Er fügt jedoch hinzu: „Ich kenne leider keine anderen Flächen in der Innenstadt, auf denen ein solches Bauprojekt schneller machbar wäre.“ Daher gebe es keine andere Möglichkeit, als diesen Weg zu gehen, so Dellnitz weiter.

Auch wenn das neue Tagungszentrum angesichts der aktuellen Marktlage nach Dellnitz’ Aussage vier bis fünf Jahre zu spät komme, ergebe sich hinter dem Bahnhof die Chance, „etwas Herausragendes zu bauen“, so der Tourismuschef. Dellnitz betont weiter: „Die Tagungsgäste sind ein so wichtiger Faktor für unsere Wirtschaft, dass allen Entscheidern klar sein muss, dass es sich beim Bau eines neuen Zentrums nicht um eine nette Option, sondern um eine dringende Notwendigkeit handelt.“ Und: „Daher ist es mir wichtig, dass ein solche Projekt am Ende nicht wieder infrage gestellt wird.“