Blinde Menschen sollen sich mit Hilfe einer App besser auf dem Campus der Evangelischen Hochschule orientieren können. Foto: factum/Jürgen Bach

Die Evangelische Hochschule hat einen digitalen Wegweiser entwickelt, der auch für Sehende praktisch ist. Generell müsse besser auf blinde Menschen Acht gegeben werden, findet die Professorin, die das Projekt initiiert hat.

Ludwigsburg - Wer an Barrierefreiheit denkt, hat fast immer Treppen im Kopf, die Menschen im Rollstuhl irgendwie überwinden müssen. Dabei gehört noch viel mehr dazu. Blinde haben es generell viel schwieriger, sich im Alltag zurecht zu finden. An der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg sollen es Studenten und Besucher, die wenig oder gar nichts sehen, künftig einfacher haben.

Die Hochschule hat gemeinsam mit einer Firma aus Mannheim ein interaktives Wegeleitsystem entwickelt. Per App können sich die Nutzer auf dem Campus orientieren. Das System ist also auch für Sehende, die sich nicht auskennen, praktisch. Die App enthält eine Karte des Campus sowie von allen Gebäuden, Stockwerken und Räumen. Außerdem zeigt sie die gangbaren Wege. Sogenannte Bluetooth Beacons lösen Audiohinweise aus, sobald der Nutzer einen bestimmten Bereich betritt. Beispielsweise wird angesagt, wo sich die Büros oder Hörsäle befinden.

„Normalerweise ist Inklusion mit technischen Lösungen nur schwer möglich“, sagt Simone Danz. Die Professorin hat das Projekt initiiert. Momentan gehe es vor allem darum, die Fehler der App auszumerzen. Denn perfekt ist sie noch nicht, wie sich bei einem ersten Testlauf auf dem Gelände zeigt.

App verbindet Sehende und Blinde

Ellen Keune hat das System ausprobiert und mit entwickelt. Die 33-Jährige sitzt im Rollstuhl und hat nur zwischen fünf und 20 Prozent Sehkraft. Ihrer Meinung nach müsste es viel mehr Apps für Blinde geben, die den Alltag erleichtern. Keune nutzt auch normale Apps, indem sie sich den Text vorlesen lässt. „Das klappt bei manchen gut, bei manchen aber auch gar nicht.“ Generell würden Menschen, die es nicht betreffe, viel zu wenig achtgeben auf blinde Menschen, sagt Simone Danz. „Wenn man beispielsweise an E-Scooter denkt. Die werden einfach irgendwo abgestellt oder liegen gelassen – und keinen kümmert es, dass jemand darüber stolpern könnte.“

Wer Blinden helfen möchte, kann das im Übrigen von überall auf der Welt tun. Die App „Be my eyes“ verbindet sehbehinderte Menschen mit Sehenden. Der Blinde zeigt dem Sehenden per Video die Umgebung, in der er sich befindet, der Helfer kann ihm so erklären, was zu sehen ist.