Die deutschen Turnerinnen räumen in München ab. Foto: dpa/Soeren Stache

Die Stuttgarterin Elisabeth Seitz krönt ihre Karriere mit dem EM-Titel am Stufenbarren, etwas später siegt Emma Malewski am Schwebebalken. Am Vortag hat erstmals ein deutsches Frauenteam Bronze bei Europameisterschaften gewonnen – Kim Bui tritt damit mit einer Medaille ab.

Elisabeth Seitz kamen die Tränen. Und Kim Bui auch. Die beiden Stuttgarter Turnerinnen umarmten sich fest nach diesem denkwürdigen Turnwochenende in der Münchner Olympiahalle. Im Stufenbarrenfinale verabschiedete sich Kim Bui, die ihre Karriere beendet, am Sonntag als Fünfte minutenlang vom Publikum. Und als letzte Turnerin im Finale setzte Elisabeth Seitz dem Ganzen noch die Krone auf. Sie gewann nach einer starken Vorstellung an ihrem Paradegerät die Goldmedaille – und schaffte damit den größten Erfolg ihrer Karriere. Am Vortag schon gehörten Seitz und Bui dem deutschen Team an, das Bronze im Mannschaftswettbewerb holte – was für eine Erfolgsgeschichte.

Als wäre es damit nicht schon genug gewesen, legte die Chemnitzerin Emma Malewski im nächsten Einzelfinale am Sonntag noch mit der Goldmedaille am Schwebebalken nach . Die deutschen Turnerinnen haben in München richtig abgeräumt. Malewski weinte vor Glück. Die erst 18-Jährige hatte zuvor ebenfalls Bronze mit dem Team geholt. Wenn ihr das jemand vor diesen Europameisterschaften prognostiziert hätte, sie hätte ihn wohl für verrückt erklärt.

Elisabeth Seitz konnte ihre Emotionen ebenso wenig zurückhalten. T ränen über Tränen flossen ihre Wangen hinunter – wie bei Malewski. Endlich hatte sich die 28 Jahre alte Turnerin mal so richtig belohnt. „Es ist einfach überwältigend und ein Traum, der soeben wahr wird“, sagte Seitz, als sie sich wieder ein bisschen gesammelt hatte.

Endlich Gold

Nie wollte es klappen. Sie holte WM-Bronze am Stufenbarren 2018, bei der EM 2011 Silber im Mehrkampf und bei der EM 2017 Bronze am Stufenbarren. Der Weg ganz nach oben auf internationaler Bühne blieb der vielfachen Deutschen Meisterin jedoch stets verwehrt. Weil sie etwas Pech hatte, weil sich Fehler eingeschlichen hatten, weil andere noch einen Tick besser waren. Doch diesmal war der Weg nach ganz oben geebnet für die Turnerin des MTV Stuttgart.

„Das ist etwas, was ich mir kaum vorstellen konnte, weil ich seit 2009 im Nationalteam bin, schon so viele Events mitgemacht habe, in so vielen Finals stand und so oft Vierte, Fünfte, Sechste, Siebte oder Achte wurde“, sagte die gebürtige Heidelbergerin nach ihrem Meisterstück. Mal Bronze oder mal Silber seien für sie drin gewesen. „Aber Gold? Das ist einfach unglaublich“, meinte Seitz, während das Publikum in der fast voll besetzten Halle zum Applaus ansetzte und an diesem wunderbaren deutschen Turntag bei den European Championships in München viel zu feiern hatte. „Es ist für mich die wichtigste Medaille, ich habe mir das relativ häufig erträumt – habe aber vor der Übung gewusst: Heute darfst du nicht träumen“, sagte Seitz – und so konzentriert ging sie auch zu Werke.

Traumhafter Abschied

Bereits am Samstag war heftig gefeiert geworden. Die Stuttgarterin Kim Bui wollte sich im fortgeschrittenen Turnalter von 33 Jahren mit einer EM-Medaille vom Leistungssport verabschieden, und sie bekam sie auch am Ende umgehängt – genau wie ihre Teamkolleginnen Seitz, Malewski, Sarah Voss und Pauline Schäfer-Betz. Diese Bronzemedaille im Teamwettbewerb der European Championships fühlte sich an wie Gold, weil noch nie eine deutsche Frauenmannschaft EM-Bronze geholt hatte und weil alle so gut turnten, als wollten sie der Stubenältesten Bui unbedingt einen wunderbaren Abschied bescheren. „Es ist eines der schönsten Gefühle zu wissen, dass wir das gemeinsam als so tolles Team erreicht haben“, sagte Bui und war ganz im Glück.