Unter der Kuppel der Alten Kelter faszinierte die Gruppe Sinakt. Foto: Patricia Sigerist

Der Eröffnungsabend in der voll besetzten Alten Kelter in Fellbach legte die Messlatte für die weiteren Veranstaltungen hoch: Die Darbietungen waren exzellent.

Fellbach - Traditionell ist das Eröffnungsfest des Europäischen Kultursommers schon gleich ein erster Höhepunkt in dem in diesem Jahr bis 9. September dauernden Programm mit Musik, Kunst, Literatur und Tanz. Der Eröffnungsabend in der voll besetzten Alten Kelter in Fellbach legte die Messlatte für die weiteren Veranstaltungen hoch: Die Darbietungen waren exzellent. Die Reden zeugten von einer Europabegeisterung, in die man von Herzen einstimmen konnte.

Gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Krisen in der Europäischen Union fielen am Freitag die Bekenntnisse besonders grundsätzlich aus. „Europa ist zur Chiffre für Frieden und Solidarität geworden“, sagte die Fellbacher Oberbürgermeisterin Gabriele Zull und mahnte damit, diese Werte nicht zu verspielen. Die Globalisierung habe die regionalen Eigenheiten nicht zum Verschwinden gebracht: „Die kulturelle Vielfalt ist Europas Stärke“, sagte die Oberbürgermeisterin. Die folgenden Auftritte illustrierten dies geradezu, zeugten doch die kraftvolle Weltmusik der Gruppe Canzoniere Grecanico Salentino und die griechische Saitenmusik der Gruppe En Chordais auf ganz unterschiedliche Art von neu aufgegriffen Traditionen, zeitgemäß interpretiert.

Der Botschafter Griechenlands in Deutschland, Theodoros Daskarolis, erinnerte in seiner Rede daran, dass Italien und Griechen Sehnsuchtsländer für die Deutschen waren

„Kunst und Musik“, so sagte Petra Olschowski, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, „können Menschen zusammenführen und Begegnungen stiften.“ In Zeiten, in denen nationalistische Bewegungen versuchen, abzugrenzen, könne der kulturelle Austausch ein Zeichen geben für eine weltoffene, tolerante und solidarische Gesellschaft: „Der Europäische Kultursommer in Fellbach macht es vor, mit einem abwechslungsreichen Programm, geeignet für ein breites Publikum.“ Petra Olschowski betonte wie alle Redner, wie eng die kulturellen und politischen Beziehungen mit den beiden diesjährigen Gastländern des Europäischen Kultursommers sind: „Wir in Deutschland verdanken Griechenland und Italien so viel, dass wir auch sehr viel zurückgeben können.“

Der Botschafter Griechenlands in Deutschland, Theodoros Daskarolis, erinnerte in seiner Rede daran, dass Italien und Griechen bereits in der Zeit des erst entstehenden Lands der Dichter und Denker Sehnsuchtsländer für die Deutschen waren: „Junge Künstler waren die ersten Touristen.“ Künstlerische Ambitionen haben somit viel dazu beigetragen, sich kennenzulernen, später die Arbeitsmigration. Er erwähnte aber auch, dass die Finanzkrise sowie Ströme von Flüchtlingen Italien und Griechenland ganz besonders erschüttert haben: „Deutschland weiß, was dies bedeutet.“ Er rief dazu auf, in einer europäischen Solidargemeinschaft visionäre und vor allem menschenwürdige Lösungen zu finden.

In der Pause zeigte das Duo Sinakt kraftraubende und anmutige Akrobatik in luftiger Höhe

Massimo Darchini, der italienische Generalkonsul in Stuttgart, stellte sich als überzeugter Europäer vor. Gerade vor dem Hintergrund der Herausforderung durch Flüchtlingsströme müsse die europäische Idee mit neuen Gedanken aufgefrischt werden. Das Festival des Europäischen Kultursommers nannte er eine „wichtige Plattform, um Brücken zu bauen“ und einen „wunderbaren Ort, die europäische Idee gemeinsam zu fördern“. In Europa sei „etwas ganz Wunderbares, Offenes entstanden, um das uns andere beneiden.“

In der Pause zeigte das Duo Sinakt kraftraubende und anmutige Akrobatik in luftiger Höhe – Figuren an zwei Stoffbändern oder in einem Ring – sowie am Boden mit wild geschwungenen farbig leuchtenden LED-Lampen und -stäben, in einer Art flammenloser Feuershow.

Unter den musikalischen Beiträgen sind ganz besonders die Sänger Matthias Klink, Maria Palaska und Dionysos Tsaousidis, aufmerksam begleitet am Klavier von Eberhard Leuser, hervorzuheben. Die griechische Musikerin und der griechisch-stämmige Musiker sowie der in Schmiden aufgewachsene Klink erfreuten mit selten zu hörenden italienischen und griechischen Liedern, die sie mit Eleganz, Einfühlungsvermögen und mit Humor aufführten: Manos Hadjidakis’ „Weiße Rosen aus Athen“, wohl jedem noch im Ohr als Nana Mouskouris Schlager, sangen sie im Duett, in das Matthias Klink überraschend mit Macht einstimmte, ja einbrach. Dies erhielt noch mehr Beifall als zuvor, geradezu Jubel. Die wegen der lautstark geforderten Zugabe ratlosen Sänger wiederholten ein romantisches Duett.

Weil dies als würdiger Abschluss erschien, brachen die meisten Besucher auf und übersahen, dass eigentlich noch ein weiterer, nur fünf Minuten langer Programmpunkt vorgesehen war. Er musste daraufhin ausfallen: ein zweites Stück der faszinierenden Trommelwirbel von Vanessa Porter, komponiert von dem griechischen Exponeten der Neuen Musik, Iannis Xenakis. Sie war kurzfristig für ihre Professorin Marta Klimasara eingesprungen und hatte bereits die faszinierenden Rhythmen zum Startschuss des Eröffnungsfests geschlagen.