Am Montag soll ein Nachfolger für den Eurogruppen-Vorsitzenden Jeroen Dijsselbloem gewählt werden. Um den einflussreichen Posten bewerben sich mehrere Finanzminister. Foto:  

Es geht um einen einflussreichen Posten, den die Euro-Finanzminister zu vergeben haben: Der Eurogruppen-Vorsitzende spricht für das Gremium in der Öffentlichkeit. Die Entscheidung in der geschäftsführenden Regierung in Berlin ist gefallen.

Berlin - Der Eurogruppenchef ist ein bekanntes Gesicht. Immer dann, wenn Länder wie Griechenland neue Rettungsdarlehen erhalten, verkündet der Vorsitzende der Euro-Finanzminister die Entscheidungen in der Öffentlichkeit. Oft handelt es sich um Nachrichten, die Einfluss auf die Finanzmärkte haben. Schon deshalb werden an den Eurogruppenchef hohe Anforderungen gestellt: Er muss behutsam formulieren und die Wirkungen seiner Äußerungen bedenken. In der Phase der Eurokrise kam es auf jedes Wort an. Deshalb überlegen sich die Finanzminister genau, wer Eurogruppenchef wird. Am kommenden Montag steht eine Wahl an. Mit dem niederländischen Sozialdemokraten Jeroen Dijsselbloem ist die Eurogruppe in den vergangenen Jahren gut gefahren. Da er der niederländischen Regierung nicht mehr angehört, muss neu gewählt werden. Die Entscheidung fällt der geschäftsführenden Bundesregierung in Berlin nicht leicht. Klar ist, dass Berlin einen Abstimmungs-Alleingang wie bei der Zulassung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat vermeiden will.

Die Union hat gehörige Bauschmerzen

Der unionsgeführte Teil der Bundesregierung hat mit dem aussichtsreichsten Kandidaten erhebliche Bauchschmerzen: Die Vorstellung, dass der sozialistische Finanzminister Portugals, Mario Centeno, bald für die Eurogruppe sprechen könnte, löst in der Union keine Begeisterung aus. Portugal hatte während der Euro-Finanzkrise Hilfen aus dem Eurorettungsfonds erhalten. Die sozialistische Regierung in Lissabon machte kein Hehl daraus, dass sie von Sparvorgaben wenig hält. Der frühere Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte aus diesem Grund die sozialistische Regierung mehrfach ermahnt, was die Regierung in Lissabon wenig scherte. Entschärft wurden die Probleme dadurch, dass die portugiesische Wirtschaft spürbar in Fahrt gekommen ist. Doch kann ein Sozialist aus einem früheren Hilfsempfängerland der mächtigen Eurogruppe vorstehen? Die SPD kann sich das gut vorstellen, die Union zögerte zunächst. Ziel sei es, einen möglichst breiten Konsens aller Eurogruppenländer herzustellen, heißt es in Regierungskreisen. Nach Informationen unserer Zeitung haben sich inzwischen Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) und Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) auf den Ökonomen Centeno verständigt. Deutschland will am Montag für den Portugiesen stimmen. Dass es kein zweites Mal eine Panne gibt, dafür sorgt der geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier (CDU) selbst. Er nimmt an der Eurogruppensitzung teil.

Der sozialistische Kandidat ist nicht der einzige Bewerber. Neben ihm haben auch die Finanzminister aus der Slowakei, Luxemburg und Lettland ihren Hut in den Ring geworfen. Nach Lage der Dinge werden dem Portugiesen die besten Chancen eingeräumt. Auch das slowakischen Regierungsmitglied Peter Kazimir gilt als wählbar. Er ist ein Sozialdemokrat und wäre grundsätzlich auch der SPD vermittelbar. Doch die SPD favorisiert den Portugiesen. Das konservative Lager verzichtete ganz darauf, einen Kandidaten ins Rennen zu schicken – auch deshalb, weil die Konservativen an der Spitze von EU-Kommission und Parlament bereits einflussreiche Posten ausüben. Die geschäftsführende Bundesregierung erhebt keine Ansprüche auf das Amt – das wäre in der Zeit ohne Regierung auch schwierig. Berlin will aber auch die späteren Chancen für Bundesbankchef Jens Weidmannnicht gefährden. Er soll nach Berlins Planungen im Jahr 2019 neuer Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) werden. Lange Zeit hatte es so ausgesehen, als wolle der spanische Finanzminister Luis de Guindos nächster Eurogruppenchef werden. Er hatte sich schon bei der letzten Wahl Hoffnungen gemacht. Doch de Guindos soll bald dem portugiesischen EZB-Vizepräsidenten Vitor Constancio nachfolgen. Ein südeuropäischer EZB-Vize ist den deutschen Bemühungen zuträglich, in absehbarer Zeit Weidmann als Nordeuropäer ins Rennen zu schicken.

Weg für Neuanfang ist frei

Auf Außenseiterpositionen für den Eurogruppenvorsitz befinden sich der Luxemburger Finanzminister und die lettische Ressortchefin. Dass der Kandidat aus Luxemburg in einer Zeit an die Spitze der Eurogruppe gewählt wird, in der Staaten gegen Steueroasen vorgehen, ist schwer vorstellbar. Die Bewerberin aus Lettland dagegen gilt als wenig profiliert. Damit ist der Weg für einen Neuanfang in der Eurogruppe frei.