Helfer bergen die Trümmer der Maschine. Foto: AP

Im Oktober stürzte eine Boeing 737 Max 8 in Indonesien ab, am Sonntag ein Flugzeug des gleichen Typs in Äthiopien. Den Flugzeugbauer stellt das vor die Frage: Stimmt etwas mit den Maschinen nicht?

New York - Die von Ethiopian Airlines betriebene Boeing 737 Max 8 stürzte kurz nach dem Start in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ab, alle 157 Menschen an Bord kamen um. Das Flugzeug war neu, das Wetter klar. Doch etwas stimmte nicht. Die Piloten versuchten, zum Flughafen zurückzukehren. Sie schafften es nicht.

Unter diesen Umständen ähnelt der Unfall auf unheimliche Weise dem vom Oktober 2018, als eine 737 Max 8 der indonesischen Fluggesellschaft Lion Air Minuten nach dem Start in die Java-See stürzte und alle 189 Menschen an Bord starben. Sicherheitsexperten nehmen die Ähnlichkeit zur Kenntnis - warnen aber davor, schnell zu viele Parallelen zwischen den beiden Unfällen zu ziehen.

Chef von Ethiopian Airlines will nicht spekulieren

Alan Diehl ist ehemaliger Ermittler der US-Verkehrsbehörde National Transportation Safety Board (NTSB). Er sagte, beide Besatzungen stießen kurz nach dem Start auf ein Problem, und in beiden Fällen gebe es Berichte über große Schwankungen der vertikalen Geschwindigkeit während des Aufstiegs. Das deute „eindeutig auf ein mögliches Kontrollproblem“ hin, sagte Diehl.

Trotzdem gebe es auch viele andere mögliche Erklärungen, so Diehl: Motorprobleme, Pilotenfehler, Gewichtsbelastung, Sabotage oder Vogelschlag. Ethiopian Airlines habe einen guten Ruf, Ermittler werden die Wartung der Maschine untersuchen, insbesondere weil das bei den Ermittlungen des Lion-Air-Absturzes eine Rolle spielen könnte.

Der Chef von Ethiopian Airlines habe erklärt, vor dem Flug habe es keine Mängel gegeben. Deshalb sei es schwer, Parallelen zum Lion-Air-Crash zu ziehen, sagte Harro Ranter, Gründer des Aviation Safety Network, einer Datenbank, die Informationen über Flugunfälle weltweit sammelt. „Ich hoffe, dass die Leute auf die Ergebnisse der Untersuchungen warten, anstatt voreilige Schlüsse zu ziehen, die auf wenigen Fakten basieren.“

Keine Stellungnahme zur Ursache von Boeing

Boeing gab unmittelbar keine Stellungnahme zu der möglichen Ursache ab. Das Unternehmen twitterte, es sei „zutiefst traurig, vom Tod der Passagiere und der Besatzung zu erfahren“. Man schicke einen Techniker zur Absturzstelle, um den äthiopischen und amerikanischen Ermittlern zu helfen. Ein Sprecher der NTSB sagte, die Verkehrsbehörde sende ein Team von vier Spezialisten, um die äthiopischen Behörden zu unterstützen.

Sowohl Boeing als auch die US-Behörde sind auch an den laufenden Ermittlungen zum Absturz der Maschine von Lion Air beteiligt. Indonesische Ermittler haben bisher keine Ursache für das Unglück im Herbst 2018 genannt. Sie untersuchen, ob fehlerhafte Messwerte eines Sensors ein automatisches Signal zum Absenken der Nase des Flugzeugs ausgelöst haben könnte, das die Piloten der Lion-Air-Maschine erfolglos abzuschalten versuchten. Das automatische System schreitet ein, wenn der Sensor anzeigt, dass ein Flugzeug dabei ist, Auftriebskraft zu verlieren, oder es zu einem Strömungsabriss kommt. Eine erhöhte Geschwindigkeit durch einen Sturzflug kann einen Strömungsabriss verhindern.

Der Datenrekorder der Lion-Air-Maschine hatte Probleme mit einer Anzeige der Fluggeschwindigkeit auf vier Flügen. Die Airline hatte ursprünglich mitgeteilt, das Problem sei behoben.

Einige Tage nach dem Unglück vom 29. Oktober schickte Boeing ein Schreiben an Fluggesellschaften. Darin stand, fehlerhafte Informationen eines Sensors könnten dazu führen, dass Flugzeuge die Nase automatisch absenken. In dem Schreiben wurden Piloten auf den Umgang mit einer derartigen Situation hingewiesen: Das System, das das Herabsenken der Nase bewirkt, muss abgeschaltet werden.

Meistverkauftes Flugzeug der Geschichte

Piloten mehrerer Fluggesellschaften haben sich beschwert, nicht vollständig über das neue System informiert worden zu sein. Der Boeing-Vorstandsvorsitzende Dennis Muilenburg sagte dagegen im Dezember, die Max sei ein sicheres Flugzeug, und Boeing habe keine betrieblichen Details von Fluggesellschaften und Piloten ferngehalten. Der ehemalige NTSB-Ermittler Diehl meint, Piloten von Ethiopian Airlines hätten sich des Themas wegen der Medienberichte nach dem Absturz der Lion-Air-Maschine bewusst sein müssen.

Die 737 ist das meistverkaufte Flugzeug der Geschichte. Die Max ist die neueste Version, mit treibstoffeffizienteren Motoren. Die Max ist ein zentraler Teil der Boeing-Strategie, mit dem europäischen Rivalen Airbus mithalten zu können.

Boeing hat etwa 350 derartige Maschinen verkauft und Bestellungen von über 5000 laufen. Viele Fluggesellschaften nutzen es bereits. Durch den Unfall der Lion-Air-Maschine scheint die Verkaufszahl nicht gesunken zu sein. Die Aktie von Boeing sank am Tag des Absturzes um beinahe 7 Prozent, seitdem ist sie 26 Prozent höher gestiegen, verglichen mit einem Plus von 4 Prozent im Index Standard & Poor’s 500.