Die SPD fordert ein gebührenfreies Kindergartenjahr Foto: dpa

Die Opposition kritisiert, dass die grün-schwarze Landesregierung angesichts sprudelnder Steuereinnahmen nur eine halbe Milliarde Euro an Schulden zurückzahlt.

Stuttgart - Für die Landtagsabgeordneten von Grünen und CDU ist es eine „historische Trendwende“, für die AfD-, SPD- und FDP-Abgeordneten hingegen nicht mehr als ein Schrittchen: In den nächsten beiden Jahren will Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) erstmals Kreditmarktschulden zurückzahlen – der Schuldenberg von derzeit 46,3 Milliarden Euro soll 2018 und 2019 um jeweils 250 Millionen Euro verringert werden. Das sei nicht genug, erklären die Redner der Oppositionsparteien am Mittwoch bei der Aussprache über den Gesetzentwurf, den Sitzmann am vergangenen Donnerstag in den Landtag eingebracht hat.

„Sie drücken sich vor der Verpflichtung, die Schulden des Landes zurückzuführen“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Aufgrund der hohen Steuermehreinnahmen müsste die Landesregierung eigentlich 3,7 Milliarden Schulden tilgen – stattdessen verwende sie das Geld für den Abbau so genannter impliziter Schulden, obwohl eine Rechtsgrundlage dafür fehle. Im Haushaltsentwurf ist vorgesehen, dass 1,9 Milliarden Euro unter anderem in die Sanierung von landeseigenen Gebäuden, Straßen und Brücken fließen sollen.

Kritik an Neustellen

Stoch forderte zusätzliche und besser bezahlte Stellen in der Steuerverwaltung, um die Steuerhinterziehung zu bekämpfen, und ein gebührenfreies Kindergartenjahr, um junge Familien zu entlasten – als Einstieg in die Gebührenfreiheit. Die kürzlich eingeführten Studiengebühren für ausländische Studenten aus Nicht-EU-Ländern müssten ebenso rückgängig gemacht werden wie die Kürzungen bei den Kommunen. Dabei könne das Land auf Rücklagen zurückgreifen – die seien deutlich höher als vom Finanzministerium angegeben.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke kritisierte, Grün-Schwarz habe in eineinhalb Jahren 2635,5 Neustellen geschaffen. Stellen für Polizei, Justiz und Schulen trage die FDP mit, nicht jedoch „hunderte von neuen Stellen in den Ministerien, insbesondere auch in der Regierungszentrale“.

AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen warf Grün-Schwarz „Ökopopulismus“ vor. In der Umweltverwaltung würden 225 Stellen geschaffen, um das Weltklima zu retten. Das sei nicht nur unmöglich, sondern auch wirtschaftsfeindlich und schade dem Standort Baden-Württemberg. „Wir haben es hier mit Panikmache zu tun.“

Finanzministerin vermisst Finanzierungsvorschläge

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz verglich die Haushaltspolitik mit dem Bau eines Hauses und lobte die Landesregierung als „klugen Architekten“. Sie lege „mit einem soliden Bauplan die Basis für die Zukunft“, damit es „den Menschen in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren besser geht, damit wir den gesellschaftlichen Zusammenhang stärken und die ökologische Modernisierung voranbringen“, so Schwarz. Auch die Kommunen würden unterstützt, etwa bei der Sanierung von Schulen und der Digitalisierung.

Wolfgang Reinhart, Vorsitzender der CDU-Fraktion, sprach angesichts der Wirtschaftslage von einem „goldenen Jahrzehnt", warnte aber zugleich vor Risiken durch „die anhaltende Terrordrohung, zahlreiche internationale Krisen, die Unwägbarkeiten des Brexits“, aber auch die „möglichen Folgen von Fachkräftemangel und Zinswende“.

Finanzministerin Sitzmann warf der Opposition vor, die positiven Seiten auszublenden und keine eigenen Finanzierungsvorschläge zu nennen. Der Haushalt 2018 und 2019 hat ein Volumen von jeweils 50 Milliarden Euro (2017: 47,9 Milliarden). Er wird nach weiteren Beratungen am 20. Dezember im Landtag verabschiedet.