Der neue Vorstandsvorsitzende der Weingärtner Esslingen, Achim Jahn, hat gut Lachen. In seinem Glas funkelt der ausgezeichnete Lemberger aus der Terrassenlage. Foto: Ines Rudel

Der neue Vorstandsvorsitzende der Weingärtner Esslingen hat die Sortenverantwortung für den Wein getragen, der es mit 16 von 20 Punkten in die Riege der besten 50 Lemberger weltweit geschafft hat.

Esslingen - „Rotfruchtige Nase mit knackiger Kirsche und etwas Erdbeerblättern. Power-Lemberger, der durch die Barrique im Zaum gehalten wird. Druckvoll.“ Das ist kein Auszug aus der Bewerbungsrede von Achim Jahn zum neuen Vorstandsvorsitzenden der Weingärtner-Genossenschaft (WG) Esslingen. Es ist die Lobeshymne des Weinmagazins Vinum auf das aktuelle Flaggschiff der Esslinger Genossenschaft, den Lemberger trocken aus der Terrassenlage – und als solche ist sie dann doch wieder eine Art Empfehlungsschreiben für den neuen Wengerter-Chef. Immerhin hat Achim Jahn die Sortenverantwortung für den Wein getragen, der es mit 16 von 20 Punkten in die Riege der besten 50 Lemberger weltweit geschafft hat.

Als Vorstandsvorsitzender hat Jahn nun seinen Vorgänger Albrecht Sohn an der Spitze der 130 Mitglieder zählenden Genossenschaft abgelöst. Sohn hatte das Ehrenamt 16 Jahre oder vier Wahlperioden lang ausgeübt hat und – wie seine Vorgänger Julius Clauß und Otto Rapp auch – seinen 60. Geburtstag zum Anlass genommen, das Ruder in jüngere Hände zu geben.

Jahn kommt aus einer Sulzgrieser Wengerterfamilie

Sein Nachfolger, der aus einer Sulzgrieser Wengerterfamilie stammende Jahn, hatte in einem Metallberuf gearbeitet, bevor er eine zweijährigen Ausbildung zum Wengerter in ökologisch arbeitenden Betrieben in Heilbronn und in der Pfalz anschloss. Eine Zeit lang übte er beide Berufe halbtags aus, bevor er vor zehn Jahren dann der Werkbank endgültig den Rücken gekehrt hat, um sich im Hauptberuf dem Wein zu widmen.

Nach Jahren der Vorstandsarbeit ist Achim Jahn nun druckvoll in seine erste Amtszeit als Vorsitzender gestartet. „Es ist wichtig, dass wir nach außen hin positiv wahrgenommen werden“, sagt er und verweist auf einen weiteren Ritterschlag für den Esslingen Wein, diesmal für den Cabernet Sauvignon vom Dicken Turm, der als „kleine Preziose“ vom Magazin Stern ausgeguckt worden war.

Zur positiven Außenwirkung gehört nach Einschätzung des neuen Chefs nicht nur, dass der Esslinger Wein als „cool“ wahrgenommen wird. Die Wengerter müssten auch die Möglichkeiten nutzen, die ihre mit einem Aufwand von rund drei Millionen Euro umgebaute Kelter künftig bieten wird. Das Jahnsche Motto „Wir nehmen uns Zeit für den Wein“ soll nicht nur für die Arbeit in Wengert und Keller gelten, sondern auch im Umgang mit der Kundschaft. So gibt es künftig in der Kelter, die am 23. Juni festlich eingeweiht wird, für jede Veranstaltung – von der Stammtischrunde über die kulinarischen Weinprobe für 120 Gäste bis hin zum lauschigen Weinabend auf der Dachterrasse mit dem spektakulären Ausblick auf das Neckartal – den passenden Rahmen.

Reichweite vergrößern

Geht es nach dem neuen Wengerterchef, dann sollen künftig nicht nur die Esslinger in den Genuss der Steillagen-Weine kommen. „Wir wollen unser Verkaufsgebiet ausweiten“, sagt Jahn, der dabei vor allem das Filstal, Stuttgart, den Raum Reutlingen und den Schwäbischen Wald im Blick hat. Bisher rinnen 80 Prozent der 400 000 Liter Wein, die pro Jahr auf einer Rebfläche von 72 Hektar produziert werden, durch die Kehlen von Weinkennern aus Esslingen und seinem direkten Umkreis.

Ein Drittel der Esslinger Rebfläche sind arbeitsintensive Steillagen, die der Überzeugung Jahns zufolge nicht nur historisch, sondern auch aus Qualitätsgesichtspunkten besonders schützenswert sind. „Wir müssen mehr schwitzen, aber dafür wächst dort der bessere Wein“, bringt Jahn die Wechselwirkung unter Hinweis auf den ausgezeichneten Lemberger auf den Punkt. Beides, Mehrarbeit und Qualität, müssten die Wengerter offensiv an die Weintrinker ranbringen. Die Herausforderung sei, Aufwand und Ertrag im Gleichgewicht zu halten. „Sonst wachsen da bald nur noch Brombeeren“, sagt Jahn.