Nur am Bahnhof (Foto) und im Agneshof gibt es barrierefreie Toiletten. Foto: Rudel/Archiv

Die Verwaltung ziert sich beim Thema barrierefreie Toiletten. Der Gemeinderat macht weiter Druck bei dem publikumswirksamen Thema.

Esslingen - Die sich aktuell andeutende Wirtschaftskrise kommt – zumindest bei einem Thema – aus Sicht der Esslinger Stadtverwaltung gerade zum richtigen Zeitpunkt. Denn die Leidenschaft im Rathaus, nach einem geeigneten Standort für eine weitere barrierefreie Toilettenanlage im Bereich der Esslinger Innenstadt Ausschau zu halten und diese dann auch zu bauen, war bisher eher gering.

Bereits im Jahr 2015 hat der Esslinger Gemeinderat die Verwaltung aufgefordert, mittelfristig zu den existierenden barrierefreien Örtlichkeiten am Bahnhof und im Agneshof eine dritte Anlage zu bauen.

Die nächste Toilette soll in der östlichen Altstadt stehen

Doch geschehen ist seither nichts. Deshalb haben sich im Juli 2019 die Grünen, die SPD, die Linken und die Freien Demokraten im Gemeinderat zusammengetan und in einem interfraktionellen Antrag erneut die Einrichtung einer barrierefreien Toilette gefordert. Diese soll in der östlichen Altstadt angesiedelt werden, rund um die Uhr nutzbar und mit einer Pflegeliege und einem Deckenlifter ausgestattet sein. Wünschenswert sei die Nähe zu einem Parkhaus sowie zu verschiedenen Buslinien.

Die Stellungnahme der Verwaltung, über die der Ausschuss für Technik und Umwelt am Mittwochabend beraten hat, lässt allerdings keinen Zweifel daran, dass die Bereitschaft, sich für eine solche Anlage zu engagieren, in den vergangenen vier Jahren kein bisschen gewachsen ist.

Jährlicher Mehraufwand: 45 000 Euro

Eine weitere Toilette in der Innenstadt, die sowohl von Menschen mit und ohne Behinderung genutzt werden könne, würde einen jährlichen Mehraufwand von 45 000 Euro kosten, heißt es da. Seit 2015 sei es im Haushalt nicht möglich gewesen, ausreichend Geld für die Miete und Nebenkosten einer weiteren öffentlichen Toilettenanlage bereitzustellen.

Angesichts der nun sinkenden Steuereinnahmen sei überhaupt nicht an eine solche Investition zu denken. Deshalb solle, so Herwig Engelfried vom Esslinger Baurechtsamt, der Antrag zunächst zurückgestellt werden, um den anstehenden Beratungen des Doppelhaushalts 2020/2021 nicht vorzugreifen. Was er nicht erwähnt: Bisher sind keine Mittel für ein solches Projekt im Haushaltsentwurf der Stadt vorgesehen.

Passt das zur inklusiven Stadt?

Durchaus möglich ist es aber, dass sich das Baurechtsamt doch wieder zeitnah mit dem Thema auseinandersetzen muss. Denn für die Tatenlosigkeit musste die Verwaltung heftige Kritik in der Sitzung einstecken. „Wir können barrierefreie Toiletten in Esslingen doch nicht von der Haushaltslage abhängig machen“, kritisiert Andreas Fritz, der stellvertretende Fraktionschef der Grünen. Das zögerliche Vorgehen der Verwaltung sei umso unverständlicher, wenn man bedenke, dass Esslingen sich gerne als inklusive Stadt bezeichne, über einen Inklusionsbeirat und eine Inklusionsbeauftragte verfüge und die Verwaltungsspitze immer wieder die Bedeutung des Themas betone.

Der SPD-Fraktionschef Andreas Koch und seine Kollgin Heidi Bär haben nichts dagegen, das Thema in die Haushaltsberatungen zu integrieren. Fest steht für ihn aber, dass es sich beim Toilettenbau um eine „öffentliche Pflichtaufgabe“ handele: Die Suche nach einem geeigneten Standort müsse vorangetrieben werden. Andreas Koch wörtlich: „Wir legen da Wert auf Action.“