Ein 23-Jähriger ist am Amtsgericht Esslingen vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Foto: Horst Rudel

Einem 23-Jährigen ist nicht nachzuweisen, eine junge Frau zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben. Er wird vom Vorwurf freigesprochen, sie vor rund zweieinhalb Jahren am Rande der Feuerwerksveranstaltung Flammende Sterne vergewaltigt zu haben.

Esslingen - Hat der Angeklagte die heute 21 Jahre alte Frau vor rund zweieinhalb Jahren am Rand des Feuerwerkspektakels Flammende Sterne im Scharnhauser Park in Ostfildern vergewaltigt oder war der Sex hinter einem Zaun einvernehmlich? Diese Frage kann das Schöffengericht des Amtsgerichts Esslingen am Donnerstag nicht zweifelsfrei beantworten. Am Ende wird der 23-Jährige freigesprochen, weil ihm die in der Anklage vorgeworfene Tat, wonach er die junge Frau zum Geschlechtsverkehr gezwungen habe, laut der Vorsitzenden Richterin Sarah Geiger „nicht mit der ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden kann“.

Fest steht, dass sich der 23 Jahre alte Student und die 21-Jährige nur flüchtig kannten, als sie am Abend des 19. August 2017 im Scharnhauser Park aufeinander trafen und sich wohl sympathisch fanden. So sympathisch, dass sie sich kurze Zeit später küssten und umarmten. Hinter einem Zaun kam es schließlich zum Beischlaf. Zu diesem habe der Angeklagte die Frau, die zuvor noch nie mit einem Mann intim war, mit Gewalt und der Drohung „mach mit, sonst passiert was“ gezwungen, hieß es in der Anklageschrift.

Auch der Staatsanwalt plädiert auf Freispruch

Daran, dass es so geschehen ist, hat nach der Beweisaufnahme nicht nur das Gericht Zweifel. Auch der Staatsanwalt ist der Ansicht, es sei nicht erwiesen, „ob sie klar geäußert hat, dass sie nicht wolle“. Ebenso wie der Verteidiger plädiert er für einen Freispruch des 23-Jährigen, denn die Ermittlungsergebnisse sowie die Hinweise und Aussagen in der Verhandlung reichten nicht aus „um ihn verurteilen zu können“. Was an jenem Abend „einvernehmlich war und was nicht, ist nicht aufzuklären“, befindet der Anklagevertreter.

Das mutmaßliche Opfer und der Angeklagte sagen im Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Der Verteidiger hat dies für seinen Mandanten beantragt, weil dabei „Dinge zur Sprache kommen, die nicht nur seinen Intimbereich, sondern auch den der Frau betreffen“. Die Richterin Sarah Geiger und die Schöffen geben dem Antrag statt. Bei der Befragung der 21-Jährigen geht das Gericht äußerst gründlich vor. Fünf Mal wird sie in den Gerichtssaal gerufen, immer wieder verlässt sie diesen weinend.

Aber sie kann das Gericht nicht davon überzeugen, dass ihr tatsächlich sexuelle Gewalt angetan wurde. Sie habe nicht konkret beschreiben können, wie sie ihren „entgegenstehenden Willen“ geäußert habe, so die Richterin. Eine Gegenwehr durch ein von ihr angeführtes „Zögern“ wäre allenfalls nur „schwach“ und für den Angeklagten lediglich „subjektiv wahrnehmbar“ gewesen. Zudem habe sie erst in einer späteren Aussage bei der Polizei erwähnt, er habe ihr gedroht. Zuvor hieß es von ihrer Seite, es sei nicht gesprochen worden.

Ein Arzt findet keine entsprechenden Verletzungen

Auch bei der Untersuchung durch einen Frauenarzt zwei Tage nach dem Vorfall wies offenbar nichts auf einen erzwungenen Geschlechtsverkehr hin. Der Arzt notierte zwar „ungewollt GV gehabt, hat sich wohl gewehrt . . .“. Er habe bei der Patientin aber keine Hämatome, Schwellungen im Genitalbereich oder blaue Flecken festgestellt, sagte der Arzt im Zeugenstand. „Es gab nichts zu dokumentieren, sonst hätte ich die Polizei gerufen.“

Der Anwalt, der die 21-Jährige als Nebenklägerin vertritt, erkennt zwar ebenfalls „Lücken“ in deren Aussage. Dennoch könne dem Mann die Tat „mit gewisser Wahrscheinlichkeit“ nachgewiesen werden. Dies kontert der Verteidiger des Angeklagten mit dem Argument, das reiche „zum Glück“ nicht für eine Verurteilung aus. Seiner Ansicht nach liege eine „bewusste Falschaussage“ der 21-Jährigen vor. Sie habe sich in eklatante Widersprüche verstrickt und sei deshalb „absolut unglaubwürdig“.