Groß war die Trauer um eine vierköpfige Familie, die an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben ist. Foto: SDMG/Archiv

Die Polizei steht kurz vor dem Abschluss der Untersuchungen zu einem Gasunfall, bei dem eine junge Familie gestorben ist, und einem Raubmord an einer 84-Jährigen in Neuhausen. Die Akten gehen in den nächsten Wochen an die Staatsanwaltschaft Stuttgart.

Esslingen/Neuhausen - Ein schrecklicher Gasunfall mit vier getöteten Menschen in Esslingen und ein brutaler Mord in Neuhausen haben in diesem Jahr den Landkreis Esslingen erschüttert. Über den Verlauf der Ermittlungen oder zu neuen Ergebnisse hält sich die Polizei indes sehr bedeckt. Zudem sind die Akten noch nicht bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart eingegangen.

Was ist geschehen?

Am 5. Februar wurde im Esslinger Stadtteil Mettingen eine vierköpfige Familie tot in ihrem Reiheneckhaus aufgefunden. Der 29-jährige Vater, seine gleichaltrige Ehefrau und ihre beiden kleinen Kinder – ein vierjähriger Junge und seine drei Jahre alte Schwester – waren an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben. Eine 84-Jährige wurde am Abend des 3. September in Neuhausen Opfer eines brutalen Mörders, ein dringend Tatverdächtiger sitzt in Haft.

Weshalb verzögern sich die Ermittlungen der Polizei?

In keinem der beiden Fälle sind die Ermittlungsergebnisse der Polizei bis jetzt bei der Staatsanwaltschaft in Stuttgart eingegangen. Laut Björn Reusch, dem Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen, sind die Untersuchungen zur Ursache und zu einem eventuellen Verschulden des Gasunfalls „eigentlich abgeschlossen“. Die Akten für die Staatsanwaltschaft Stuttgart seien aber noch nicht aufbereitet. Der Grund für die Verzögerung sei, dass der zuständige Sachbearbeiter zufällig auch mit dem Neuhausener Raubmord befasst sei. Dieser sei von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft „priorisiert“ worden. Die Ermittlungsakten beider Fälle gingen der Anklagebehörde aber in den nächsten Wochen zu.

Was gibt es Neues zum Raubmord an einer 84-Jährigen in Neuhausen?

Laut Björn Reusch hat die Spurenauswertung der Ende September aufgelösten 50-köpfigen Sonderkommission (Soko) „Linde“ den Tatverdacht gegen einen in Untersuchungshaft sitzenden 30-Jährigen „weiter erhärtet“. Dieser steht im dringenden Verdacht, die 84 Jahre alte Frau am Abend des 3. September brutal getötet und ausgeraubt zu haben. Er streite die Tat nach wie vor ab. Laut Reusch ermittelt seit der Soko-Auflösung eine vierköpfige Gruppe der Kriminalpolizei in dem Fall weiter.

Welche Beweise gibt es, die auf den 30-jährigen Tatverdächtigen hinweisen?

Die Beweislage kann als erdrückend bezeichnet werden. So deuten laut der Polizei am Tatort gesicherte DNA-Spuren auf den Mann hin, der aufgrund eines zurückliegenden Diebstahls in der Datei gespeichert ist. Er hat das Opfer wohl schon seit längerem gekannt und wurde von diesem offenbar freiwillig in die Wohnung gelassen. Zudem versuchte der mutmaßliche Täter, mit der aus der Wohnung der Seniorin gestohlenen Scheckkarte nach der Tat Geld abzuheben. Das räumt er auch ein, ebenso Geldsorgen, die ihn belastet hätten.

Wieso gibt die Polizei keine näheren Details zu dem Fall bekannt?

Weil der Mann bisher kein Geständnis abgelegt hat, aber dringend verdächtig ist, soll kein sogenanntes Täterwissen an die Öffentlichkeit getragen werden. Beispielsweise wurde lediglich mitgeteilt, die Frau sei durch „Gewalteinwirkung“ gestorben. Genaueres werde aus ermittlungstaktischen Gründen nicht preisgegeben. Nur so sei eine wasserdichte Beweisführung möglich, wenn später von der Staatsanwaltschaft Anklage erhoben und der Fall vor einem Gericht verhandelt wird.

Was ist bisher zu dem Kohlenmonoxid-Unfall bekannt?

Wie die junge Familie zu Tode gekommen ist, steht für die Ermittler der Polizei und die Staatsanwaltschaft fest. Sie starben durch das giftige Gas, das aus einem gelockerten Abgasrohr der Heizung ausgetreten war. Wie aus Fachkreisen zu erfahren war, hatte sich das Rohr mangels einer ausreichenden Zahl an Halterungen nach unten gebogen und war damit aus einer Anschlussstelle gerutscht. Die Heizung hat dann offenbar das dort ausgetretene Kohlenmonoxid immer wieder neu angesaugt und ausgestoßen, bis eine tödliche Konzentration des Gases im Haus erreicht war.

Wie geht es in den beiden Fällen weiter?

Laut Heiner Römhild, dem Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, wird nach dem Eingang der Ermittlungsakten zunächst geprüft, ob die vorliegenden Untersuchungen ausreichend sind. „In den meisten Fällen, insbesondere bei Tötungsdelikten, ist das der Fall“, sagt Römhild. Die Polizeibeamten hätten schließlich viel Erfahrung in der Ermittlungsarbeit. Danach nehme die Anklagebehörde eine rechtliche Bewertung der Ermittlungsergebnisse vor und entscheide, „ob eine Straftat und ein hinreichender Tatverdacht vorliegen“. Im Fall des Raubmordes dürfte das unstrittig sein. Beim Gasunfall muss geprüft werden, ob – und wenn ja – von wem das tragische Unglück durch Fahrlässigkeit – etwa durch eine unfachmännische Reparatur oder Installation des Rohres – verursacht wurde. Wenn eine Straftat Dritter vorliege, werde Anklage erhoben.