Das Esslinger Hospiz hat acht Plätze – und es ist personell gut aufgestellt. Foto: Horst Rudel

Das stationäre Hospiz in Esslingen hat Maßstäbe gesetzt. Doch es ist nach wie vor auf Spenden angewiesen.

Esslingen - Fünf Jahre, nachdem in Oberesslingen das erste stationäre Hospiz des Landkreises eröffnet wurde, ziehen die Verantwortlichen Bilanz. Damals wurde das ehemalige Pfarrhaus neben der Martinskirche umgebaut und um einen Anbau erweitert. Seither betreibt die evangelische Gesamtkirchengemeinde dort die Einrichtung mit insgesamt acht Plätzen.

„Wir haben echtes Neuland betreten“, sagt der Esslinger Dekan, Bernd Weißenborn. Er habe Bedenken gehabt, ob wirklich alle acht Betten benötigt würden. Heute ist klar, dass die Verantwortlichen mit ihrer Entscheidung genau richtig lagen. Rund 500 Menschen haben die Mitarbeiter des Hospizes seither in den Tod begleitet. „Nach fünf Jahren steht das Hospiz in jeder Hinsicht sehr gut da“, sagt er.

„Es ist eine gute Routine eingekehrt“, sagt Susanne Kränzle, die von Beginn an die Einrichtung leitet und sie mitaufgebaut hat. Trotzdem liege es ihr am Herzen, über den Rahmen hinauszudenken und den Gästen – wie die Bewohner genannt werden – ihre letzten Wünsche zu erfüllen. „Das können schon ganz kleine Anliegen wie ein besonderer Essenswunsch oder ein Wiedersehen mit dem Haustier sein“, berichtet sie. „Personell sind wir relativ gut aufgestellt“, sagt Kränzle. Als erstes Hospiz in Deutschland habe das Esslinger Haus den seit dem Jahr 2015 geltenden Schlüssel von 12,35 Pflegekräften umgesetzt.

Alle hauptamtlichen Mitarbeiter haben Teilzeitverträge. Dieses Konzept sei wichtig ist, damit die Mitarbeiter lange in ihrem Beruf arbeiten könnten. „Die Belastung einer Vollzeitstelle im Hospiz hält kein Mensch aus“, sagt Kränzle. Recht gibt ihr eine sehr geringe Mitarbeiterfluktuation. Wichtig sei darüber hinaus nicht nur die seelsorgerische Betreuung der Gäste, sondern auch die der Mitarbeiter.

Trotz langer Verhandlungen übernehmen die Krankenkassen nach wie vor nicht die kompletten Kosten des Aufenthalts. Um die Finanzlücke zu schließen, ist das Hospiz deshalb auf Spenden angewiesen.

Susanne Kränzle, die neben ihrer Tätigkeit in Esslingen auch Vorsitzende des Hospiz- und Palliativverbands Baden-Württemberg ist, kann in dieser Rolle mit solchen Problemen an die Politik herantreten. „Das letzte Lebensjahr eines Menschen ist das teuerste“, erklärt sie. Trotz der zunehmenden Ökonomisierung des Gesundheitswesens müsse gewährleistet werden, dass Menschen würdevoll sterben können.

Der stationäre Bereich ist nur ein Standbein des Esslinger Hospizes. Nach wie vor wird ein Großteil der Sterbenden ambulant von rund 60 Ehrenamtlichen begleitet, die zuvor intensiv auf ihre Aufgabe vorbereitet wurden. „Die Menschen wollen in den meisten Fällen lieber in ihrer gewohnten Umgebung sterben“, sagt Kränzle. Ob die Sterbenden einen Platz im Hospiz bekommen, hänge daher vor allem von der Symptomlast und der sozialen Situation ab.

„Noch immer verdrängen viele Menschen den Tod“, sagt Weißenborn. Es sei wichtig, diese Themen in die Gesellschaft hineinzutragen und auch zu ethischen Fragen Stellung zu beziehen. Deshalb hat das Hospiz in diesem Jahr eine mehrteilige Vortragsreihe organisiert. Die Bedeutung der Ökonomisiserung im Gesundheitswesen ist am Donnerstag, 27. Juni, das Thema von Astrid Elsbernd von der Hochschule Esslingen. Die Ärztin Heike Mönnich spricht am 19. September über optimale palliative Betreuung und die Autorin Ulrike Geiger präsentiert am 21. November ihr Buch „Lucie in Lübeck“. Die Veranstaltungen im Gemeindezentrum Ertinger-Haus beginnen um 19 Uhr.