Von der der Miniatur bis zum mannshohen Nussknacker: im Stadtmuseum Esslingen sind wertvolle Holzfiguren aus dem Erzgebirge zu sehen. Foto: Rudel

Das Esslinger Stadtmuseum zeigt in seiner neuen Ausstellung Räuchermännchen, Weihnachtspyramiden und Holzfiguren aus dem Erzgebirge. Von der Miniatur bis zum mannshohen Nussknacker, der zähnefletschend für ein Besucher-Selfie strammsteht, ist eine große Bandbreite zu sehen.

Esslingen - Es sind Hunderte, vielleicht sogar 1000. Wie viele einzelne Figuren aus der Privatsammlung von Hannelore und Jürgen Pintscher bis zum 25. Februar im Esslinger Stadtmuseum genau zu sehen sind, ist nur schwer zu sagen. Doch dem Museumsleiter, Martin Beutelspacher, geht es bei der neuen Ausstellung „Vom Erzgebirge komm ich her“ auch nicht nur um die Figuren. Die Ausstellung wolle den wirtschaftlichen Wandel einer Region nachvollziehen. „Die Geschichte des Erzgebirges ist eine Geschichte des Strukturwandels.“

Denn zunächst sei es das Silber gewesen, das seit dem 12. Jahrhundert im Erzgebirge abgebaut worden sei und der kargen Region Wohlstand gebracht habe, erklärt Beutelspacher. Für den mittelalterlichen Bergbau sei viel Fachwissen nötig gewesen. So musste beispielsweise Luft in die Stollen geblasen und Wasser daraus abgepumpt werden. „Innerhalb von 200 Jahren wurde aus einer Hinterwäldlerregion ein prosperierendes Land“, sagt der Museumsleiter. Der Taler, der aus dem gewonnenen Silber hergestellt wurde, habe es sogar vermocht, dem Gulden als Währung Konkurrenz zu machen. In der frühen Neuzeit war es dann aber allmählich vorbei mit den dicken Gewinnen aus dem Bergbau. Die spanische Krone importierte viel Silber aus Südamerika. „Es kam eine Galeone nach der anderen über den Atlantik“, berichtet Martin Beutelspacher.

Auch Schwibbogen sind in der Schau zu sehen

Nach und nach wurden die Pochwerke, das sind Maschinen zum Zerkleinern von Steinen, zu Drechslern umgebaut. Aus dem in der Region reichlich vorhandenen Holz wurden Alltagsgegenstände und schon bald auch kleine Spielzeugfiguren hergestellt. Ab der Wende zum 19. Jahrhundert kam dann das Weihnachtsfest ins Spiel. „Es war ein schleichender Prozess“, so Beutelspacher. Die Bergbautradition der Region lebte in den Motiven weiter. Häufig werde beispielsweise ein Engel als Kerzenhalter von einem Bergmann begleitet.

Bei der Produktion der Waren sei die aus dem Bergbau bekannte Arbeitsteilung übernommen worden. Es sei eine Massenproduktion vor der Industrialisierung gewesen, sagt Beutelspacher. Die effektive Arbeitsweise habe sich im Preis und damit auch im Absatz niedergeschlagen. Großen Wohlstand habe aber wohl kaum einer der Hersteller erreicht.

Die Konkurrenz schläft nicht

Ein Klassiker, der auch heute noch in vielen Wohnungen zur Weihnachtszeit anzutreffen ist, ist der Nussknacker. Seine Uniform habe er erst im Kaiserreich erhalten, so Beutelspacher. Auch Pyramiden und Lichterbögen aus Fichten- und Tannenholz, sogenannte Schwibbogen, sind in der Schau zu sehen. In den Etagen der Pyramiden ist Platz für Figuren. An der Spitze der Pyramide wird ein Flügelrad durch die heiße Luft der Kerzen angetrieben. „Das war vor 200 Jahren großes Kino“, betont Beutelspacher. Kerzen seien teuer gewesen. Daher habe sich die Familie in der Vorweihnachtszeit wohl stets nur wenige Minuten über das Schauspiel gefreut. Auch Räuchermännchen werden gezeigt. Einst seien zwischen Weihnachten und den Heiligen Drei Königen die Wohnungen mit Rauch von Ungeziefer befreit worden. Diese Tradition lebe in den Räuchermännchen weiter, berichtet der Museumsleiter.

Ob das alte Handwerk eine Zukunft hat, wird sich zeigen. „Das Erzgebirge muss sich warm anziehen“, meint Beutelsbacher. Zunehmend bieten asiatische Hersteller Nussknacker, Räuchermännchen und Schwibbogen zum Schnäppchenpreis an. In der Geschichte des Strukturwandels im Erzgebirge könnte also bald ein neues Kapitel aufgeschlagen werden.