Ein 59-Jähriger aus Esslingen ist vor dem Landgericht Stuttgart wegen Betrugs und Insolvenzverschleppung verurteilt worden. Foto: dpa

Der Hauptangeklagte aus Esslingen hat nicht existente Veranstaltungsschirme verkauft. Weil der Gastronom jedoch an einer tödlich verlaufenden Krankheit leidet, muss zunächst nicht ins Gefängnis.

Esslingen - Ein in Esslingen bekannter, 59 Jahre alter Gastwirt, ist am Mittwoch vor dem Landgericht Stuttgart wegen Betrugs und Insolvenzverschleppung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Die 10. Große Wirtschaftsstrafkammer sah es als erwiesen an, dass der Mann mit seiner Firma über Jahre hinweg illegale Leasinggeschäfte mit großen, größtenteils nicht existenten Veranstaltungsschirmen betrieben hat. Ein 54-jähriger Mitangeklagter, der ihm dabei geholfen hat, wurde zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe und zur Zahlung von 10 000 Euro verurteilt.

Der Hauptangeklagte muss die Gefängnisstrafe zunächst nicht antreten. Der Haftbefehl gegen ihn wird laut dem Vorsitzenden Richter Wolfgang Schwarz zwar aufrechterhalten, ist aber bis auf weiteres außer Vollzug gesetzt. Denn ob der Mann, der an einer unheilbaren erblichen Erkrankung des Gehirns leidet, überhaupt haftfähig ist, muss an anderer Stelle geklärt werden. Die bereits fortgeschrittene Krankheit – der Angeklagte kann sich nur schwer artikulieren und hat große Probleme, seine Bewegungen zu steuern – hat laut dem Vorsitzenden Richter das bereits seit Mitte März laufende Verfahren „überschattet“.

Der Restschaden beträgt immer noch rund 1,5 Millionen Euro

Der schlechte gesundheitliche Zustand des 59-Jährigen sei bei der Strafzumessung berücksichtigt worden, so Wolfgang Schwarz. Dennoch erlaube es das System nicht, die Freiheitsstrafe aufgrund einer in absehbarer Zeit tödlich verlaufenden Krankheit „so weit zu drücken, dass eine Bewährung herauskommt“. Fakt sei, dass der Angeklagte gemeinsam mit seinem Komplizen acht Leasinggesellschaften um rund 3,2 Millionen Euro geschädigt habe. In die Verurteilung sind 46, zwischen 2008 und 2012 begangene Taten eingeflossen. Obwohl der Angeklagte Teile des Schadens wieder gut gemacht habe, belaufe sich die noch offene Schadenssumme immer noch auf etwa 1,5 Millionen Euro.

Der 59-Jährige habe durch die kriminellen Geschäfte mit Luftschirmen sein „Unternehmen und sein Lebenswerk“ erhalten wollen, so Schwarz. Denn zunächst sei die Geschäftsidee mit den einzigartigen Schirmen mit Durchmessern von zehn bis 33 Metern „überaus erfolgreich“ gewesen. Anerkennung dafür habe es unter anderem sogar vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten gegeben. Schließlich habe man immer mehr dieser Schirme gebraucht und vor allem das Geld, um sie zu produzieren. Letzteres habe das Unternehmen aber nicht abgeworfen, weshalb sich der Angeklagte schließlich über ein sogenannten Sale-and-Leaseback-Modell letztlich „widerrechtlich Geld beschafft“ habe. Hinzu gekommen sei, dass er im großen Stil Schirme verkauft habe, die tatsächlich gar nicht existierten. Zudem habe er den Geschäftspartnern vorgegaukelt, seine Firma stehe finanziell solide da. Die Leasinggesellschaften hätten es den Angeklagten mit „geringer Sorgfalt und wenig Kontrolle“ auch leicht gemacht.

Die Firma war schon lange zahlungsunfähig

Auch der Insolvenzverschleppung hat sich sei der Angeklagte zu verurteilen. Bereits im Januar 2009 war seine Firma zahlungsunfähig, aber erst vier Jahre später wurde ein Insolvenzantrag gestellt. Der 59-Jährige haderte noch während der Urteilsbegründung damit, dass ihm seine Bank seinerzeit keinen, aus seiner Sicht rettenden, Kredit gewährt hat. Darauf erwiderte der Richter: „Auch diesen Kredit hätten sie zurückzahlen müssen.“