Schwester Birgit und Annette Ungureanu vor der Bahnhofsmission. Foto: Martin Haar

Trotz erschwerter Bedingungen hält die Bahnhofsmission ihren Betrieb aufrecht. Mehr noch: An den Wochenenden will sie jetzt Essen an Bedürftige ausgeben.

Stuttgart - Zuhause bleiben ist das Gebot der Stunde. Doch für jemanden, dessen Berufung der karitative Dienst ist, wird das zur Zumutung. Gerade in Tagen der Coronakrise sind Hilfsangebote für die Schwächsten in der Gesellschaft besonders wichtig. Das spüren die Mitarbeiter der Bahnhofsmission hautnah. Denn das, was die Mission im Rest-Hauptbahnhof ausmacht, ist „Begegnung und Nähe“, wie Annette Ungureanu sagt.

Doch genau das kann sie und ihr Team derzeit im Provisorium am Gleis 16 nicht leisten. Vor dem Eingang hängt ein Absperrband – der rund 25 Quadratmeter große Aufenthaltsraum ist zu klein, um Menschen mit etwas Warmen und guten Worten zu bewirten. Dennoch wollen die Missionare ihren Dienst nicht ganz einstellen. Für Auskünfte ist das Team rund um Annette Ungureanu von 9 bis 17 Uhr da. Und sie haben entlang des Schlossgartenstegs einen Gabenzaun mit Hundefutter, Kleidung, Hygieneartikel und Lebensmitteln. Zudem machen die Mitarbeiter Rundgänge durch den Bahnhof.

Lücke im Versorgungssystem

Auch dabei erleben sie das ganze Spektrum von Not. Denn wer es schon vorher in dieser Gesellschaft nicht leicht hatte, hat es nun besonders schwer, wie Annette Ungureanu weiß: „Die Einnahmen durch das Pfandsammeln sind weggebrochen. Und die Aufenthaltsräume haben auch alle geschlossen.“

Natürlich gibt es auch diejenigen, denen durch Armut und Obdachlosigkeit das eigene Leben keinen Pfifferling mehr wert ist. „Ihnen ist der Coronavirus egal. Sie glauben, dass sie ohnehin nichts mehr zu verlieren hätten“, sagt Annette Ungureanu. Aber es gebe auch andere, die sehr bewusst mit dieser Ausnahmesituation umgingen.

Ganz gleich, mit welchem Blick man durch die Krise geht: Die Bahnhofsmission will natürlich jedem helfen. Und dabei haben die Hauptamtlichen eine Lücke im Hilfssystem erkannt, die sie nun schließen wollen. „Viele karitativen Einrichtungen, die auch Essen ausgeben, sind am Wochenende geschlossen“, sagt Ungureanu, „daher wollen wir das nun übernehmen“.

Weil das nicht leicht zu stemmen ist, braucht die Bahnhofsmission Geld. Sowohl bei der Aktion Mensch als auch der Stiftung der Deutschen Bahn sind bereits Spenden beantragt. Aber es gibt in den A&O Hostel Stuttgart bereits einen Spender in der Stadt. Für Lisa-Marie Astheimer, General Manager des Hostels beim Ufa-Palast, ist die Lebensmittelspende eine Herzenssache: „Als die Bahnhofsmission mich angesprochen hat, war ich sofort dabei.“ Nun schickt das Hostel Wurst, Käse und Margarine für Vesper oder tiefgefrorene Fertiggerichte über die Gleise an die Bahnhofsmission.