Gegen die Entscheidungen des BAMF gehen viele Flüchtlinge vor den Verwaltungsgerichten vor Foto: dpa

Die Verwaltungsgerichte sehen in der Flüchtlingskrise erstmals Licht am Ende des Tunnels: Die Zahl der Asylklagen sinkt. Der Rückstau ist aber immer noch gewaltig, und mittlerweile hat die Klagewelle auch die Berufungsinstanz erreicht.

Stuttgart - Das Nachlassen des Flüchtlingszustroms macht sich dieses Jahr erstmals auch bei den vier Verwaltungsgerichten in Baden-Württemberg bemerkbar. Wie das Stuttgarter Justizministerium den „Stuttgarter Nachrichten“ auf Anfrage mitteilte, hat sich in den ersten drei Quartalen, also von Januar bis September, die Zahl der Klagen abgelehnter Asylbewerber gegenüber dem Vorjahreszeitraum fast halbiert – von knapp 30 000 auf nunmehr rund 16 400 Klagen. Allerdings sind das immer noch erheblich mehr als vor der großen Flüchtlingswelle 2015: Im gesamten Jahr 2013 gab es zum Beispiel nur rund 3500 Asylklagen.

Neues Rekordhoch bei Verfahrensdauer

Trotz des Rückgangs und obwohl das Land 24 weitere Richterstellen geschaffen hat, bleiben die Verwaltungsgerichte überlastet. Die Zahl der offenen Asyl-Fälle, die sich in den letzten Jahren bereits verzehnfacht hat, ist 2018 weiter angestiegen, und zwar auf 38 300. Auch die Länge der Verfahren hat ein neues Rekordhoch erreicht. Sie liegt nun bei knapp zehn Monaten.

Viele gehen in Berufung – trotz geringer Chancen

Hinzu kommt, dass die Klagewelle nun auch die Berufungsinstanz erreicht hat, den Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim. Immer mehr Flüchtlinge, die mit ihrem Anliegen bei den Verwaltungsgerichten gescheitert sind, beantragen dort eine Berufung, obwohl die Erfolgsquote solcher Anträge nur noch sieben Prozent beträgt. Mittlerweile siklagennd 51 Prozent aller Streitfälle beim VGH Asyl-Klagen, bei den Verwaltungsgerichten sind es sogar 77 Prozent. Um überhaupt eine Klage einreichen beziehungsweise den Anwalt dafür bezahlen zu können, bekommen viele Flüchtlinge vom Land Prozesskostenhilfe.

80 weitere Richterstellen

An den vier Verwaltungsgerichten des Landes sind derzeit 175 Richter tätig. Vor der Flüchtlingskrise waren es 122. Mit weiteren 80 Richterstellen will Justizminister Guido Wolf (CDU) den Antragsberg nun abarbeiten. „Damit verhindern wir, dass die Gerichtsverfahren zu einem Flaschenhals werden, der einer schnellen Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern entgegensteht“, sagte er. Voraussetzung sei allerdings, dass die Flüchtlingszahlen nicht wieder ansteigen. „Hieran müssen Bund und Europa weiter entschieden arbeiten.“