Feierbiest Erol Sabanov (Mitte, Arm in Arm mit Marc Schnatterer): Der Zweitliga-Aufstieg mit dem 1. FC Heidenheim 2014 war für den Torwart der grandiose Karriereschluss. Foto: imago/Eibner

Bei drei Aufstiegen des 1. FC Heidenheim war Erol Sabanov die Nummer eins im Tor. Diesmal drückt der ehemalige Torwart nur die Daumen, ist aber optimistisch, dass dem FCH über die Relegation der Sprung in die Bundesliga gelingt. Warum, sagt er im Interview.

Stuttgart/Heidenheim - Wenn sich einer mit Aufstiegen mit dem 1. FC Heidenheim auskennt, dann ist das Erol Sabanov. Dem ehemaligen Torwart gelang mit dem Club von der Ostalb dreimal der Sprung in die nächst höhere Etage. An diesem Sonntag (15.30 Uhr) kann der FCH mit einem Sieg bei Meister Arminia Bielefeld die Teilnahme an den Relegationsspielen perfekt machen. Sabanov, 2015 bis 2017 Co- und Torwarttrainer der Stuttgarter Kickers, äußert sich zum Erfolgsgeheimnis des Vereins und schätzt die Chancen in Sachen Aufstieg ein.

Herr Sabanov, schön, dass wir mit einem Experten in Sachen Aufstiegen des 1. FC Heidenheim reden können.

Kein Problem. Ich bin ja nicht aus der Welt. Und in der Tat war ich bei den Aufstiegen 2008 in die Regionalliga, 2009 in die dritte Liga und 2014 in die zweite Liga die Nummer eins im Heidenheimer Kasten. Zudem durfte ich mit dem Verein viermal den WFV-Pokal gewinnen.

Gibt es eigentlich weitere Spieler, die all diese Erfolge mitgemacht haben?

Ja, zumindest bei Tim Göhlert und Alper Bagceci bin ich mir ganz sicher. Die beiden waren schon unter dem früheren Trainer Dieter Märkle aus Ulm nach Heidenheim gekommen.

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Welches war der schönste Aufstieg?

Jeder hatte was für sich, klar. 2008, ein Jahr nach der Ausgliederung vom Heidenheimer SB, reichte Platz vier zum Sprung in die Regionalliga. 2009 machten wir nach dem Sieg gegen den Karlsruher SC und dem feststehenden Drittliga-Aufstieg eine Riesensause, aber an den Triumph 2014 kommt nichts heran.

Warum?

Wir haben mit einem 1:1 gegen die SV Elversberg den Aufstieg in die zweite Liga perfekt gemacht. Man muss sich das mal vorstellen: Heidenheim in der zweiten Liga! Wir haben gefeiert ohne Ende, die Fans sind vollkommen ausgeflippt. Das war ein Feuerwerk an Emotionen – ganz besonders für mich persönlich: Ich war zwar schon einmal mit dem 1. FC Saarbrücken in die zweite Liga aufgestiegen, doch nach diesem Megaerfolg mit Heidenheim wurde ich im Sommer 40 Jahre alt und habe meine Karriere beendet. Ein schöneres Ende kann man sich nicht vorstellen.

Sie blieben noch ein Jahr in der Scouting-Abteilung des FCH.

Genau. Dann wechselte ich bis 2017 als Co- und Torwart-Trainer zu den Stuttgarter Kickers, ehe ich über den SV Sandhausen beim VfR Aalen landete, wo ich noch bis zum 30. Juni unter Vertrag stehe. (Anm.d.Red.: Sabanov wird den Regionalligisten mit unbekanntem Ziel verlassen).

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War zu Ihrer Anfangszeit in Heidenheim dieser fast märchenhafte Aufstieg schon abzusehen?

Das Fundament stand, die Vision des heutigen Vorstandsvorsitzenden Holger Sanwald, nach oben zu kommen, gab es bereits. Zielstrebig haben er und Trainer Frank Schmidt die Ziele Schritt für Schritt anvisiert. Mit Demut, Bescheidenheit, Fleiß sowie ehrlicher und harter Arbeit.

Sowie schlüssiger Personalpolitik?

Mit Sicherheit. Es wurde auf die Mentalität der Spieler ganz besonders großes Augenmerk gelegt. Das FCH-Gen wurde eingeimpft und weitergegeben. Zum Beispiel von Spielern wie Marc Schnatterer oder Sebastian Griesbeck, die heute noch Eckpfeiler der Mannschaft sind. Genauso sind einige Heidenheimer Urgesteine immer noch im Verein vertreten. Das ist eine einzigartige Kontinuität. Und noch etwas kommt hinzu.

Bitte.

Der Verein hat es verstanden, in kluger Weise auch in die Infrastruktur zu investieren. Nie wurde die Bodenhaftung verloren – und ganz wichtig: Auch in schwächeren Phasen, bei Rückschlägen, hat keiner die Nerven verloren.

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Können Sie sich an ein Beispiel erinnern?

Es gab schon ein paar kritische Phasen. 2013 hätten wir mit einem Heimsieg gegen die als Absteiger feststehenden Offenbacher Kickers die Relegationsspiele zur zweiten Liga erreichen können. Vor ausverkauftem Haus hat die Hütte gebrannt, doch nichts ging rein, kein Standard von Marc Schnatterer oder Michael Thurk – am Ende ging’s 0:0 aus. Alle waren am Boden zerstört. Die Enttäuschung war gigantisch groß. Am Tag danach kamen Holger Sanwald und Frank Schmidt in die Kabine und bauten jeden Einzelnen auf. Wir sollen uns nicht unterkriegen lassen und das Positive rausziehen. In der folgenden Saison stiegen wir auf.

Jetzt kann der FCH mit einem Sieg in Bielefeld die Relegation zur Bundesliga klarmachen. Klappt das am Sonntag?

Der FCH hat sich mit diesem Endspiel selbst für eine fantastische Saison belohnt und wird alles Menschenmögliche reinwerfen, um zu gewinnen. Die Frage wird sein, ob auch die Bielefelder mit dieser allerletzten Konsequenz 100 Prozent geben werden.

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Und eine mögliche Relegation gegen den Bundesliga-16….

… wäre eine 50:50-Chance. Fakt ist: Der Erstligist bringt von Haus aus mehr Qualität mit, aber der psychologische Vorteil würde klar beim FCH liegen, der Zweitligist bringt immer die größere Euphorie mit. Der Druck liegt beim Gegner.

Wie müsste der FCH mit einem Erstliga-Aufstieg umgehen?

Er müsste die Bundesliga genießen, einfach nur genießen und nicht verkrampfen. Die Erlebnisse, gegen den FC Bayern und Borussia Dortmund zu spielen, müsste man einfach mitnehmen. Selbst aus einem möglichen Abstieg könnte der Verein gestärkt hervorgehen. Doch damit wird sich kein Heidenheimer aktuell beschäftigen.

Schritt für Schritt…

…heißt die Devise des FCH, genau. Denn exakt das ist eines der Erfolgsgeheimnisse dieses Vereins.