Erika Stucky Foto: Felix Streuli

Die Schweizer Stimmartistin Erika Stucky, Christie Doran und Band bringen Konzert, Geschichtsstunde und Musikkabarett auf geniale Weise zusammen.

Stuttgart - Auch eine Schneeschippe ist ein Instrument, jedenfalls in den Händen von Erika Stucky: Die Schweizer Stimmartistin verleiht selbst dem Kratzen über den Theaterhausboden Musikalität. Dass sie eine mexikanische Totenschädel-Maske trägt, ein mit Knochen und Federn besetztes Haarband und kniehohe, knallrote Stiefel, schadet nicht – faszinierend aber ist vor allem die Mischung aus Anmut und Ironie, die ihre Körpersprache ebenso erfüllt wie ihre Stimmakrobatik.

„Well I stand up next to a mountain“, intoniert sie bald, wird sich wiegend eins mit dem „Voodoo Child“. Jimi Hendrix hat viele Nachahmer, Stucky und ihre Mitstreiter fühlen dem Entfessler der Stromgitarre den Puls und halten doch Distanz. Christie Doran hat den Sound (Stratocaster, Röhrenverstärker) und lässt Riffs und Licks in Reinkultur aufblitzen, meistens allerdings kreist er das Wesen des Hendrixschen Gitarrenspiels ein, etwa wenn er die von diesem etablierten Spieltechniken – Flageoletts, Feedback, Whammy – im abstrahierenden Schnelldurchlauf vorführt. Drummer Fredy Studer wirbelt und zaubert, und Thomas Jordi, der den auf dem zugehörigen Album spielenden Jamaaladeen Tacuma vertritt, lässt den Fender-Bass funky knurren. Den wilden Geist der 1960er beschwören die virtuosen Jazzer herauf, die hier zu begnadeten Rockmusikern werden.

Stucky sing tund scattet beherzt, sie imitiert Walgesang, einen heiseren Wolf und eine rostige Gießkanne, sie setzt das Knarzen ihres roten Plüschsessels ein und streut eine Woodstock-Ansage ein. Viele Hendrix-Klassiker sind eingebettet, „Hey Joe“ mündet in „Hey Jude“ (Beatles), aus „Purple Rain“ (Prince) wird „Purple Haze“. Auch psychedelisches Wabern reizt das Quartett aus, worauf Stucky die Rauschhaftigkeit und den Weltumarmungsgestus der Epoche auf den Punkt bringt: „I’m not sure about the answer, but the question is yes.“ („Ich bin mir nicht sicher über die Antwort, aber die Frage lautet ja.“)

Eine Mischung aus Konzert, Geschichtsstunde und Musikkabarett ist diese hochoriginelle Show. Stucky und ihre Musiker entlarven, ohne je die Lust zu verderben – allein dafür haben sie den tosenden Schlussapplaus verdient.