Die Bilder von langen Schlangen vor Griechenlands Banken – oder wie im Bild vor dem Stromversorger, um die Rechnung zu verhandeln – sind seltener geworden. Foto: dpa

Griechenland hat seine Hausaufgaben gemacht und ist keineswegs ein hoffnungsloser Fall, meint Brüssel-Korrespondent Markus Grabitz.

Athen - Das lange als Krisenstaat gescholtene Griechenland ist durchaus für positive Nachrichten gut. Offensichtlich ist das Land doch nicht so reformunfähig wie auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise vielfach behauptet. Eine Kontrollvisite von Haushaltskontrolleuren des Europaparlaments vor Ort hat ergeben: Griechenland erledigt seine Hausaufgaben überraschend vorbildlich.

Namhafte Beträge von Strukturfördergeldern aus dem EU-Haushalt sind richtig angelegt worden und tragen erste Früchte. Das Land ist auf dem besten Wege, den Behördenapparat erfolgreich zu modernisieren. Ursprüngliche Kostenansätze konnten sogar unterschritten werden, weil die griechischen Unternehmen in der Krise buchstäblich um jeden Auftrag kämpfen.

Vor allem der Aufbau eines digitalen Melderegisters, das künftig den massenhaften Betrug zulasten der griechischen Rentenversicherung unterbindet, ist ein Meilenstein. Jetzt ist Schluss damit, dass die Allgemeinheit von Betrügern zur Ader gelassen wird und für Rentner zahlen soll, die schon vor Jahrzehnten gestorben sind.

Die Generalkritik war überzogen

Wurde das Land womöglich also zu Unrecht als aussichtsloser Fall abgestempelt? Vermutlich liegt die Wahrheit wie so oft in der Mitte. Die Generalkritik, die aber auch gar kein gutes Haar an den Griechen ließ, war überzogen. Fest steht aber auch, dass sich die Eliten in dem Land lange Zeit schwer damit taten, die notwendigen Reformen anzugehen.

Die Erfahrung aus mittlerweile drei Hilfsprogrammen der Troika hat zudem gezeigt, dass schmerzhafte Anpassungsprozesse vielfach nicht aus Überzeugung, sondern erst nach massivem Druck der Geldgeber eingeleitet wurden. Damit ist es auch dringend geboten, dass der Reformprozess in Griechenland von den Gläubigern auch nach dem Auslaufen des Hilfsprogramms im Sommer weiter überprüft werden muss. Zugleich dürfen sich die Wohlmeinenden nachträglich bestätigt fühlen: Es war nicht nur aus politischen Gründen richtig, Griechenland nicht aus dem Euro gedrängt zu haben. Auch wirtschaftlich könnte die Rechnung aufgehen.