Mehr politische Gruppierungen werden im neuen Hemminger Gemeinderat sitzen: „Die Partei“ hat am Sonntag erstmals einen Sitz errungen. Foto: factum/Andreas Weise

Die Partei erhält in Hemmingen auf Anhieb 7,5 Prozent – mehr als die FDP mit 6,6 Prozent. Die Freien Wähler geben ein Mandat ab, CDU und SPD halten ihre Sitze.

Hemmingen - Markus Walker (22), der Chef des Ortsverbands der „Partei“, spricht von einem Erfolg und positiver Überraschung. Das Wahlergebnis wertet der 22-Jährige als eine „klare Botschaft“: Die Bevölkerung habe Interesse daran, dass Die Partei im Gemeinderat vertreten sei. „Wir werden uns gut einbringen und Themen aus einer anderen Perspektive beleuchten. Das ist ein Zugewinn für Hemmingen“, meint Walker.

Er kündigte an, dass Die Partei ihrer Art treu bleiben werde: „Wir berichten satirisch über ernste Themen“, sagt Walker. Die Partei wolle alle Altersgruppen ansprechen, gleichwohl wolle man „jüngere Themen vor Ort stärken“, sagt der 22-Jährige. Er und seine Kollegen hätten einen Draht zu jungen Leuten.

„Anfang vom Ende des grünen Terrorregimes“

Die bundesweite Gruppierung wurde im Jahr 2004 von Martin Sonneborn, dem Chefredakteur des Satire-Magazins „Titanic“, gegründet. Sie zog 2014 ins Europaparlament ein. Am Sonntag konnte sie ihr Ergebnis bei der Europawahl ausbauen. „Das ist der Anfang vom Ende des grünen Terrorregimes in Baden-Württemberg. Bei den Erstwählern liegt Die Partei vor der SPD. Wir werden versuchen, mehr junge Menschen im Großraum Stuttgart anzusiedeln“, sagt Martin Sonneborn zum Erfolg in Hemmingen.

Martin Keller, Vorstandsmitglied von Die Partei in Baden-Württemberg, erklärt im Duktus von Die Partei: „Wir sind höchst erfreut über den erdrutschartigen Wahlsieg und den größten Erfolg seit Kriegsende bei der Europa- und Kommunalwahl – auch in Hemmingen.“

FDP legte als einzige Partei im Gemeinderat zu

Die etablierten Fraktionen blicken gespannt auf die neue Amtsperiode. „Ich denke, dass sich die Stimmung verändern wird“, sagt Barbara von Rotberg. Die Liberale wurde mit 1357 Stimmen wiedergewählt. „Ich stelle mit Freude fest, dass die FDP als einzige der im Gemeinderat agierenden Parteien zugelegt hat“, sagt Barbara von Rotberg. Sie betrachte das als „eine Bestätigung unserer und meiner Arbeit“.

Die CDU kam bei der Wahl als stärkste Partei auf 35,9 Prozent (2014: 39,5), die Freien Wähler erreichten 29,8 Prozent (32,6), die SPD 20,3 Prozent (23,0) – alle drei Fraktionen verloren Stimmenanteile, obwohl sie an absoluten Stimmen dazugewannen. Die FDP legte zu von 4,9 auf 6,6 Prozent – und Die Partei errang 7,5 Prozent. Nach ersten Analysen hängt der scheinbare Widerspruch „mehr Stimmen, aber Prozente verloren“ mit der höheren Wahlbeteiligung zusammen.

„Mehr Stimmen als angenommen“

„Die „Partei“ hat mehr Stimmen erhalten, als ich annahm“, sagte Walter Bauer (CDU). Eine Gemeinderatswahl sei eine Personenwahl – und der Stimmenkönig Jürgen Arnold komme aus der CDU-Fraktion. Die Ergebnisse seien auf Kontinuität bei der Arbeit zurückzuführen. „Mehr Stimmen und trotzdem einen Sitz verloren“ ist für Wolfgang Gerlach von den Freien Wählern „sehr ärgerlich“. Der Erfolg der „Partei“ sei sicher „ein bisschen Protest“ – in Hemmingen gebe es keine AfD und keine Grünen. Mit Ralf Horwarth hat die SPD einen Mann aus der mittleren Generation hinzugewonnen, mit Gerhard Stahl wurde ein Altgedienter nicht mehr gewählt. „Eigentlich hatten wir auf fünf Sitze gehofft“, sagt der Fraktionschef Wolfgang Stehmer, der die Verluste nicht „als Abwatschen“ empfindet.