Während eines Protests in Berlin drücken Kurden und in linke Gruppierungen ihren Unmut über den Staatsbesuch von Erdogan anhand von kritischen Plakaten aus. Foto: Getty Images Europe

Erdogan besucht während seines Staatsbesuches eine Moschee der kontroversen Ditib-Gemeinde in Köln. Es ist die Aufgabe von Kommunen und Ländern, dem türkischen Autokraten den Einfluss in den muslimischen Gemeinden in Deutschland zu verbieten.

Berlin - Präsentiert das Gewehr! Jubel! Prost! Der Präsident ist da! Er komme nach Deutschland, um „die Phase der letzten Jahre in unserem Verhältnis hinter uns zu lassen“, schrieb Recep Tayyip Erdogan vor wenigen Tagen. Er meint die Phase, in denen das türkische Staatsoberhaupt deutsche Politiker mit Nazi-Vergleichen überzog, die Schlägertruppe Osmanen Germania Boxclub bewaffnete, um sie gegen seine Kritiker in Deutschland ausschwärmen zu lassen, in denen Imame seines Religionsvereins Ditib Muslime ausspionierten.

Erdogan unterstützt die kontroverse Ditib-Gemeinde in Deutschland

An diesem Samstag kommt Erdogan zur Einweihung einer neuen Ditib-Moschee nach Köln – ausgerechnet in einer Zeit, in der geprüft wird, ob die seiner obersten Religionsbehörde unterstehende Organisation in Deutschland vom Verfassungsschutz zu beobachten ist. Erdogans Botschaft heißt deshalb: Ich stärke Ditib den Rücken! Geradeso, als hätte es nie Spitzel-Imame und von Osmanen bewachte Moscheen wie in Heilbronn gegeben. So spaltet Erdogan die in Deutschland lebenden Menschen mit türkischen Wurzeln: Wo sollen die, die den selbst ernannten Reis, also den Führer, kritisch sehen, beten, ohne bespitzelt, eingeschüchtert, denunziert zu werden?

Es müssen Alternativen zu den vom türkischen Staat kontrollierten Moscheen geboten werden

Hier müssen Kommunen, Länder und der Bund Abhilfe schaffen. Sie müssen türkischstämmige Muslime unterstützen, Moscheen einzurichten, in denen in Deutschland ausgebildete und deutsch predigende Vorbeter das Wort und damit die Meinung führen. Die eine Alternative zum staatlichen, Erdogan-verseuchten Religionsangebot bilden – und so dem Autokraten, seinen Ideen und seiner Propaganda den Nährboden entziehen. Die Bundesregierung kritisiert Erdogan für sein Treiben in der Türkei, nicht aber für seine Agitation in Deutschland. Präsentiert das Gewehr! Jubel! Na dann: Prost!

franz.feyder@stuttgarter-nachrichten.de