Von Drohgebärde bis Dialog: Diktator Kim zieht alle Register. Foto: AP

Kurz vor Beginn der Winterspiele schaltet Nordkoreas Diktator um auf Entspannung. Im Unterschied zum US-Präsidenten verfolgt er einen klaren Plan, kommentiert Politikredakteur Willi Reiners.

Stuttgart - Zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren verhandeln offizielle Vertreter der beiden Koreas direkt miteinander. Für die geteilte Halbinsel, die in den vergangenen Monaten wiederholt am Rande eines militärischen Schlagabtauschs zu stehen schien, ist das ein Zeichen der Hoffnung. Ein erstes Ergebnis der Gespräche gibt es auch schon: Nordkoreanische Sportler werden an den in vier Wochen beginnenden Olympischen Winterspielen in Südkorea teilnehmen. Sogar Cheerleader aus dem Reich von Diktator Kim Jong-un dürfen anreisen, um die Athleten zu unterstützen. So viel Entspannung war lange nicht mehr.

Kim selbst hatte mit seiner Neujahrsansprache das Signal dazu gegeben. Einmal mehr zeigt sich: Nordkoreas Machthaber verfolgt im Unterschied zu seinem wichtigsten Kontrahenten Donald Trump eine klare Strategie. In den vergangenen beiden Jahren hat er sein Land mit äußerster Entschlossenheit als Atommacht etabliert. Nun, da er dieses Ziel erreicht hat, zeigt er sich dialogbereit und versucht so, einen Keil zwischen Südkorea und seine engsten Verbündeten, allen voran die USA, zu treiben. Die Rechnung scheint aufzugehen. Dankbar hat Seoul, das friedliche Spiele will, das Gesprächsangebot angenommen. Kim wird dafür einen hohen Preis verlangen – und bekommen.

Während der Nordkoreaner wertvolle Zeit für die Weiterentwicklung seiner interkontinentalen Trägerraketen gewinnt, steht Trump mit leeren Händen da. Sein Angebot vom Wochenende, jederzeit mit Kim telefonieren zu wollen, wirkt nach den wüsten Beschimpfungen des Nordkoreaners via Twitter mehr als peinlich und zeigt seine ganze Planlosigkeit. Die Koreaner brauchen ihn nicht als Vermittler.