Maestro Ennio Morricone am Dirigierpult: Ein Interview mit ihm produziert nun Misstöne. Foto: dpa

Ein Interview im deutschen „Playboy“ hat Aufsehen erregt. Der 90-jährige Filmmusik-Maestro Ennio Morricone beschimpft darin Quentin Tarantino als „Kretin“. Nun gibt es eine überraschende Wendung.

Rom - Der italienische Komponist Ennio Morricone hat Filmgeschichte geschrieben. Und der 90-jährige Maestro hat sich nicht auf seinen klassischen Musiken für Western wie „Für eine Handvoll Dollar“ (1964) oder „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) ausgeruht. Er blieb rastlos aktiv, ohne mit allem zufrieden zu sein, was sich im modernen Kino so tut. Die ein oder andere Brummigkeit war in Interviews mit ihmzu finden, aber was der deutsche „Playboy“ in seiner jüngsten Ausgabe zu bieten hatte, das bot eine ganz neue Tonart. Quentin Tarantino, für dessen Filme „Inglourious Basterds“ und „Kill Bill“ Morricone die Musik geliefert hatte, nannte der Altmeister da einen „Kretin“. Ausführlich zog er über die angeblich undurchdachte, chaotische Arbeitsweise des Amerikaners her und bescheinigte ihm, im Gegensatz zu Kinomeistern wie Alfred Hitchcock nur „Trash“ zu liefern.

Einmal gründlich abledern: Vielleicht darf man das mit 90, auch wenn es nicht nett ist. Auch scheint es verständlich, dass Morricone auf die Academy of Motion Picture Arts and Sciences nicht gut zu sprechen ist, die ihn bei ihren Oscar-Verleihungen lange überging. 2007 erhielt er einen Ehren-Oscar, 2016 endlich einen Filmmusik-Oscar für „The hateful Eight“. Man könnte es ihm nachsehen, wenn er das Ganze jetzt „eine langweilige Veranstaltung“ nennen würde.

Das große Dementi

Überraschenderweise aber kommt aus Rom jetzt nach Veröffentlichung des Interviews ein großes Dementi. All das Böse und Abfällige, so Morricone, habe er so nie gesagt. Mehr noch: Er habe dem deutschen „Playboy“ überhaupt kein Interview gegeben. „Ich habe“, so Morricone auf seiner Website, „meinem Anwalt das Mandat für straf- und zivilrechtliche Schritte erteilt.“

Beim Burda-Verlag, der den deutschen „Playboy“ herausgibt, zeigt man sich auf Medienanfragen hin erstaunt über diese Behauptung. Das Interview habe am 30. Juni 2018 bei Morricone zu Hause stattgefunden, es sei vom Konzertveranstalter Semmel Records eingefädelt worden. Vorerst stehen die Leser des Interviews und die Fans von Morricone ratlos am Seitenaus. Wichtig wird die Frage sein, ob der „Playboy“ eine Tonaufzeichnung des Interviews vorlegen kann. Aber vielleicht muss ja nicht alles über den Anwalt geregelt werden, vielleicht kann ein persönliches Gespräch die Missverständnisse beseitigen (oder weitere produzieren?). Ennio Morricone selbst absolviert derweil in gemessenen Abständen die Stationen einer endgültigen Abschiedstour. Im Januar dirigiert er in Berlin sein letztes Konzert auf deutschem Boden.