Der Laichinger Bürgermeister Klaus Kaufmann wagt keine Prognose für Sonntag. Foto: privat

Erst wird im Rathaus ein Solarpark forciert, dann unter Einfluss von Landwirten zu Fall gebracht. Am Sonntag kommt es zum Bürgerentscheid.

Laichingen - Die Abstimmung im Gemeinderat von Laichingen (Alb-Donau-Kreis) diesen März schien nur eine Formalie zu sein. Zu entscheiden war über den Bau einer Freiflächen-Fotovoltaikanlage auf einer stadtnahen, zwölf Hektar großen Ackerfläche. Der Besitzer war verkaufswillig, mit der Firma Wind Energien GmbH aus Kircheim/Teck im Kreis Esslingen stand ein Investor bereit. Schon 2012 hatte der Gemeinderat mit großer Mehrheit die Ausweisung einer Sonderfläche für einen sogenannten Solarpark im Flächennutzungsplan der Stadt abgesegnet, ausdrücklich, um damit ein Signal für eine Energiewende zu setzen.

Und dann kam alles anders. Zur Überraschung des parteilosen Bürgermeisters Klaus Kaufmann kippten die Fraktionen aus CDU, der Laichinger Allgemeinen Bürgerliste und der Bürgerlichen Wählervereinigung mit ihrer Mehrheit das Bauvorhaben. Es würden schon zu viele Anbauflächen für Nahrungsmittel industriellen Interessen und dem Ausbau der Schienen- und Autobahnstrecke von Wendlingen nach Ulm geopfert, hieß es nun.

Woher die Gesinnungswende?

Befürworter des Solarparks waren vor den Kopf geschlagen. Zwar wird das ins Auge gefasste Ackergelände tatsächlich für den Nahrungsmittelanbau verwendet, insgesamt aber, so zum Beispiel die örtliche SPD, dominiere der Maisanbau zugunsten der Biogaserzeugung die Szenerie. Der Maisanbau aber verdichte die Böden und trage zum Insektensterben bei. Der Bürgermeister Kaufmann bestätigte auf Anfrage, es würden vor Ort „vier oder fünf“ Biogasanlagen betrieben, auch von Mitgliedern des Gemeinderats.

Mehrere Landwirte sind Mitglieder des Gremiums, sie gehören jeweils einer jener drei konservativ orientierten Fraktionen an, die den Solarpark vorläufig zu Fall gebracht haben. Ging es den Gegnern eigentlich darum, Konkurrenz bei der Stromerzeugung abzuwehren? Der Bürgermeister Kaufmann will das so nicht bestätigen. Gründe für die überraschende Gesinnungswende sieht er mehr in der Tatsache, dass im März Wahlkampf im Hinblick auf die Kommunalwahl geherrscht habe und konservative Lokalpolitiker womöglich ein zu großes Erstarken grüner Ideen gefürchtet haben könnten.

Das Solarfeld könnte rechnerisch die ganze Stadt versorgen

Neben Wahlkalkül könnte auch die Psychologie eine Rolle gespielt haben, glaubt der Bürgermeister. „Die Landwirtschaft fühlt sich gerade unheimlich unter Druck gesetzt.“ Die Debatten um Nitratgrenzwerte, die schlechten Preise für Milch und Fleisch, zuletzt das Bienenbegehren setzten den Bauern stark zu, gäben vielen das Gefühl, zu Sündenböcken der Klimaerwärmung und des Insektensterbens gestempelt zu werden.

Eine Bürgerinitiative, die den Solarpark befürwortet, will dem Gemeinderat nun die Entscheidungsgewalt über die Zukunft der lokalen Energieerzeugung aus der Hand nehmen. Aktivisten sammelten genügend Unterschriften, um einen Bürgerentscheid zu erzwingen. Am Sonntag wird abgestimmt, rund 9000 Wahlberechtigte sind zur Teilnahme aufgerufen. Der Investor aus Kircheim/Teck hebt hervor, die Solarfläche werde nicht versiegelt, eine „Bewirtschaftung als Schafweide oder für Heuernte bleibt möglich“. Die Anlage soll einen Jahresertrag von 9780 Megawattstunden bringen, genug für die Versorgung von 2450 Haushalten mit Strom.

Bürgerliche Ratsfraktionen legen noch einmal nach

Anfang des Monats legten die Gegner im Gemeinderat argumentativ noch einmal nach, unter anderem mit Verweis auf das benachbarte Merklingen. Beim dortigen IC-Bahnhof sei schließlich noch ein interkommunales Gewerbegebiet mit rund 50 Hektar geplant. Es gebe auf der Alb nicht „die perfekte Energiequelle“. Von den derzeitigen Biogasanlagen „profitieren die Stadt Laichingen und die Gewerbetreibenden sowie die Umwelt in erheblichem Umfang“, schreibt etwa die CDU auf ihrer Homepage. Zudem wird nun ein öffentliches Gewinnbeteiligungsmodell für den Solarpark gefordert.

Der Bürgermeister Kaufmann wagt für Sonntag keine Prognose. Er sei aber davon überzeugt, sagt er, dass man den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht länger auf andere schieben könne.