EnBW-Chef Frank Mastiaux (links) und Finanzchef Thomas Kusterer sind zuversichtlich. Foto: dpa

Der Energiekonzern EnBW will nach Jahren des Umbaus wieder wachsen – auch durch Zukäufe. In Frankreich steht die Übernahme eines Ökostromunternehmens unmittelbar bevor, wie der Konzern pünktlich zur Bilanzvorlage mitteilte.

Stuttgart - Noch bis vergangene Woche trug der Plan den konzerninternen Codenamen Atlas, nun hat das Vorhaben einen konkreten Namen: Der Karlsruher Energiekonzern EnBW AG will das französische Wind- und Solarunternehmen Valeco übernehmen. Am Freitag wurde mit den Eigentümern ein Vertrag unterzeichnet, der die EnBW zum exklusiven Bieter macht. Nun haben – wie in Frankreich obligatorisch – zunächst einmal die Arbeitnehmervertreter einen Monat Zeit, über das Übernahmeangebot zu beraten.

Über die Kaufsumme wurde Stillschweigen vereinbart. EnBW-Chef Frank Mastiaux verriet bei der Bilanzvorlage in der Stuttgarter EnBW-City nur, dass es sich um den größten Zukauf seit der vollständigen Übernahme von VNG 2015 handle. Damals hatte die EnBW gut 500 Millionen Euro ausgegeben. Dem Vernehmen nach nehmen die Karlsruher nun einen höheren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag in die Hand. „Wir freuen uns, dass wir uns in einem hochkompetitiven Bieterumfeld durchgesetzt haben“, sagte Mastiaux, „Valeco passt sehr gut zur EnBW.“

Mit Valeco wächst der Bereich Erneuerbare Energie um ein Zehntel

Valeco wurde 1989 von Gilbert Gay in Montpellier gegründet und gehört derzeit zu 35 Prozent der Banque des Territoires und zu 65 Prozent der Gay-Holding. Das Unternehmen zählt laut EnBW mit 380 Megawatt installierter Leistung und einer Projektpipeline von 1700 Megawatt zu den Top-10- Anlagenbetreibern für erneuerbare Energien in Frankreich und setzt mit rund 135 Mitarbeitern 50 Millionen Euro um. Ohne Valeco umfasst das Ökostrom-Portfolio der EnBW inklusive Pumpspeicher- und Laufwasserkraftwerken derzeit gut 3700 Megawatt. Das entspricht etwa 28 Prozent der EnBW-Erzeugungskapazität.

Der Konzern ist seit Mitte 2018 mit einer eigenen Tochtergesellschaft in Paris vertreten. Frankreich ist neben den USA, Taiwan und Schweden eines der Länder, in denen die Karlsruher im Bereich erneuerbare Energien wachsen wollen. Die EnBW strebe aber nicht an, Global Player zu werden, betonte Mastiaux. Es gehe vielmehr um Risikostreuung auf verschiedenen Märkten – dies erwähnte er auch vor dem Hintergrund des relativ schlechten Windjahres 2018, das von Wetterexperten vor allem mit Klimawandeleffekten erklärt wird. „Das ist eine neue Unwägbarkeit, gegen die man sich absichern muss“, so Mastiaux.

Der heiße, windstille Sommer hat es der EnBW schwer gemacht

Neben dem ungeplant durch die Revision verlängerten Ausfall des Atomkraftwerks in Neckarwestheim waren es die schwierigen Witterungsbedingungen, die der EnBW 2018 das Geschäft getrübt haben. Im Bereich erneuerbare Energien sank das bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (adjusted Ebitda) um zehn Prozent. Dies sei aber durch die gute Entwicklung im Bereich Netze (plus 13 Prozent) und „den Hochlauf unseres Effizienzprogramms“ ausgeglichen worden, so EnBW-Finanzchef Thomas Kusterer. Auch mit Erzeugung und Handel verdiente der Konzern mehr: Hier stammte der Anstieg um fast 14 Prozent allerdings aus Einmaleffekten. Insgesamt steigerte die EnBW ihr bereinigtes Ebitda um gut zwei Prozent. Währenddessen sank der Konzernumsatz um deutliche sechs Prozent, was aber rein aus der erstmaligen Anwendung neuer Bilanzierungsregeln resultiere. Unter dem Strich sieht sich die EnBW voll im Plan. Für 2018 seien die Ziele erreicht, und auch für die Langfriststrategie bis 2020 sehe es gut aus, so Mastiaux.

Künftig will die EnBW 80 Prozent ihrer Investitionen in die Wachstumsbereiche erneuerbare Energien, Strom-, Gas- und Breitbandnetze sowie Infrastrukturprojekte für Kunden stecken. Zugleich soll die Belegschaft wachsen: Bis Ende 2021 werde man voraussichtlich 3600 neue Mitarbeiter einstellen, so Mastiaux. Da viele davon durch Ruhestand ausscheidende Kollegen ersetzen, dürfte das reine Wachstum allerdings bei 300 bis 400 Beschäftigten liegen.