Auch an der Zapfsäule sind die Preise leicht gestiegen. Foto: dpa

Der Rohstoff notiert auf einem Zweijahreshoch – das bekommen auch die Verbraucher zu spüren. Getrieben werden die Preise unter anderem durch den Konflikt mit den Kurden im Nordirak. Eine Preisexplosion ist aber nicht zu erwarten.

Frankfurt - Öl ist so teuer wie seit dem Sommer 2015 nicht mehr. Die Nordseesorte Brent kostet derzeit über 60 Dollar pro Barrel (159 Liter). Für Verbraucher macht sich der Anstieg vor allem beim Heizöl bemerkbar: Der landesweite Durchschnittspreis für 100 Liter kletterte am Mittwoch erstmals seit März über 60 Euro, wie der Messgeräte-Hersteller Tecson mitteilte. Diese Angabe gilt für eine Abnahmemenge von insgesamt 3000 Litern.

An den Tankstellen haben sich die Preise laut dem Vergleichsportal clever-tanken.de ebenfalls erhöht, der Liter Super (E10) verteuerte sich binnen Wochenfrist um rund zwei Cent. Dabei könnte allerdings auch eine Rolle spielen, dass die Tankstellen den Rückreiseverkehr nach dem langen Wochenende für Preiserhöhungen nutzten.

Der Benzinpreis wird durch mehrere Faktoren beeinflusst

Dass der Spritpreis nicht allein von den Rohstoffkosten abhängt, zeigt ein Blick auf die vergangenen zwei Monate: Obwohl der Brent-Preis in dieser Zeit um rund 16 Prozent gestiegen ist, war Benzin im Oktober laut clever-tanken.de günstiger als im September. Der Liter Super E10 kostete im Oktober durchschnittlich 1,3195 Euro und damit zwei Cent weniger als im Vormonat. Diesel hingegen habe sich im gleichen Zeitraum um zwei Cent auf durchschnittlich 1,1558 Euro verteuert. In Stuttgart kostete der Selbstzünderkraftstoff im Mittel 1,1589 Euro, für Dieselfahrer ist Stuttgart damit laut clever-tanken.de die teuerste Stadt nach Frankfurt am Main.

Zu der unterschiedlichen Entwicklung bei den verschiedenen Kraftstoffen sagte der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbands, Christian Küchen: „Es gibt neben dem Weltmarktpreis für Rohöl auch Weltmarktpreise für die Produkte, also Benzin und Diesel.“

Im September habe den Benzinpreis eine starke Nachfrage aus den USA in die Höhe getrieben. Damals hatte der Hurrikan „Harvey“ zahlreiche Raffinerien in den USA stillgelegt. Deshalb wurde verstärkt Benzin aus Europa in die Vereinigten Staaten verschifft.

Rohstoffpreis schlägt beim Diesel stärker durch

Der jüngste Anstieg des Rohölpreises wiederum schlägt bei Diesel etwas stärker durch, weil bei diesem Kraftstoff der Steueranteil niedriger ist als beim Benzin. „Bei Super machen die Steuern rund 65 Prozent des Gesamtpreises aus, bei Diesel 56 Prozent“, sagt Küchen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Bei Benzin beeinflusst die Verteuerung von Rohöl den Gesamtpreis nur etwa zu einem Drittel, bei Diesel zu gut 40 Prozent. Beim Heizöl schlägt der Rohstoffpreis noch viel stärker durch, weil die Steuerbelastung gering ist.

Getrieben wurde der Ölpreis zuletzt durch Meldungen über einen kräftigen Rückgang der Lagerbestände in den USA. Zudem sank im Oktober die Produktion der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec). Letzteres hängt nach Einschätzung der Commerzbank mit Lieferausfällen im Irak zusammen. Der Konflikt mit den Kurden im Norden des Landes habe die Produktion um 120 000 Barrel pro Tag gesenkt, schreiben die Commerzbank-Analysten. „Dies dürfte aber kaum von Dauer sein.“ Denn im Südirak sei ein neues Export-Terminal in Betrieb genommen worden, das die Ausfälle weitgehend kompensieren könne.

Opec im Dilemma

Zwar haben die Opec und Russland ihre Förderung schon Ende 2016 eingedämmt, um den im historischen Vergleich noch immer niedrigen Preis des Rohstoffs zu stützen. Je stärker allerdings der Ölpreis steigt, desto rentabler wird die Erschließung unkonventioneller Förderquellen in den USA. Dort wird Öl seit einigen Jahren aus Schiefergestein gepresst.

Weil diese Fördertechnik sehr aufwändig ist, lohnt sie sich erst ab einem gewissen Ölpreisniveau. Nach einer aktuellen Analyse der Ratingagentur Moody’s liegt die Untergrenze bei 50 Dollar pro Barrel. Da diese Schwelle nun nachhaltig überwunden zu sein scheint, dürfte in den USA weiter kräftig Schieferöl gefördert werden. Das wiederum beschränkt die Preismacht der Ölscheichs im Mittleren Osten und des zweitgrößten Exporteurs Russland. Preise von über 100 Dollar pro Barrel, wie es sie zuletzt 2014 gab, sind damit auf absehbare Zeit unwahrscheinlich.