Pedro Sánchez musste zweimal Neuwahlen ausrufen. Foto: dpa/Andrea Comas

Nach acht Monaten und zwei Wahlen bekommt das Land nun voraussichtlich eine reguläre Regierung. Wie haltbar sie sein wird, ist offen.

Madrid - Wenn alles gut geht, wird Pedro Sánchez am kommenden Dienstag wieder zum spanischen Ministerpräsidenten gewählt. Es war ein mühseliger Weg bis dahin. Acht Monate vergingen, die Spanier mussten zweimal zur Wahl gehen, die Politiker zerstritten und versöhnten sich, bis endlich in den Weihnachtstagen das kleine Wunder geschah: Die Sozialistische Partei (PSOE) des bisherigen und mutmaßlich neuen Regierungschefs Sánchez einigte sich mit der linkspopulistischen Unidas Podemos auf ein gemeinsames Regierungsprogramm.

Jetzt muss sich nur noch die katalanische ERC zur Stimmenthaltung am Dienstag durchringen, dann wird Spanien fortan von einer linken Koalitionsregierung regiert. Das gab es noch nie seit dem Ende der Franco-Diktatur.

Die neue Regierung hat keine Mehrheit im Parlament

Besonders haltbar dürfte diese Regierung allerdings nicht sein. Das Problem der neuen Regierung werden in erster Linie nicht die jeder Koalitionsregierung innewohnenden ideologischen Spannungen sein – die allerdings auch. Das Hauptproblem wird jedoch ihre fehlende Mehrheit im spanischen Parlament sein. PSOE und Podemos kommen gemeinsam auf 155 Sitze, zur absoluten Mehrheit fehlen ihnen 21 Abgeordnete. Für jede Gesetzesinitiative wird sich die neue Regierung um Unterstützung bei der Opposition bewerben müssen – und die ist ihr hauptsächlich feindlich gesinnt.

Deswegen wird es schon ein kleines Wunder sein, wenn Sánchez dann gewählt wird.  Am schwierigsten war es, die ERC davon zu überzeugen, sich der Stimme zu enthalten, statt mit Nein zu stimmen. Die ERC definiert sich als links, ist aber vor allem eine katalanisch-separatistische Partei. Ihr Vorsitzender Oriol Junqueras wurde im Oktober zu 13 Jahren Haft wegen seiner entscheidenden Rolle beim illegalen Unabhängigkeitsreferendum im Herbst 2017 verurteilt.

Keine Partei will stabilisierend wirken

Große Lust darauf, eine stabilisierende Rolle in der spanischen Politik zu spielen, hat keine der insgesamt drei separatistischen Parteien. Anders als die anderen beiden will die ERC Sánchez jedoch eine Chance geben – hat ihm allerdings Bedingungen gestellt: Die neue spanische Linksregierung soll sich mit der katalanischen Regionalregierung zu Verhandlungen über die Zukunft Kataloniens zusammensetzen. Und die Ergebnisse dieser Verhandlungen sollen den Katalanen zur Volksabstimmung vorgelegt werden. Dass PSOE und Podemos auf diese Bedingungen eingegangen sind, ist vor allem eine Geste des guten Willens. Ein Anerkennen des „politischen Konflikts“ zwischen katalanischen Separatisten und den Nichtseparatisten. Worüber aber die beiden Regierungen zu verhandeln und die Katalanen abzustimmen hätten, ist völlig offen. Den spanischen Rechtsrahmen könnte nur das spanische Parlament ändern.

Sozialdemokratische Wende wäre möglich

Der erweiterte Vorstand der ERC, ihr sogenannter Nationaler Rat, wird an diesem Donnerstag entscheiden, ob die Partei bei allen Unwägbarkeiten trotzdem bereit ist, den Weg für Sánchez frei zu machen. Wenn ja, werden sich die ERC-Abgeordneten am Dienstag bei der Wahl des spanischen Ministerpräsidenten der Stimme enthalten. Sánchez könnte regieren. Im besten Falle wird in Spanien dann endlich wieder Politik gemacht. Seit Ende 2015 hat Spanien keine ernstlich handlungsfähige Regierung mehr gehabt. Erst war es der Konservative Mariano Rajoy, dem eine absolute Parlamentsmehrheit fehlte, dann Pedro Sánchez. Wenn PSOE und Unidas Podemos ihr Programm umsetzen können, wird das Land eine sozialdemokratische Wende erleben, zu der eine dringend nötige Steuerreform gehört.