Wie viele andere Verwaltungsgebäude ist auch die EnBW-Hauptverwaltung mit einer umfassenden Glasfassade versehen, die vielen Vögel den Tod bringt. Foto: Archiv Wilhelm Mierendorf

Bei den gläsernen Durchgängen der EnBW-Hauptverwaltung am Fasanenhof entdeckt eine Leserin immer wieder tote Vögel. Der Nabu erklärt, was dagegen unternommen werden kann, auch bei Privathäusern mit großen Panoramafenstern.

Fasanenhof - Wenn sie ihre Kinder in die Betriebskita der EnBW auf dem Fasanenhof bringe, müsse sie beim EnBW-Gebäude einen Umweg einplanen. Wegen Corona funktioniert der Zugang durch den Haupteingang nicht, Seitenwege sind notwendig, also die verglasten Übergänge zwischen den einzelnen Gebäudeteilen. Was die Frau und ihre Kinder da sehen, trübt die morgendliche Stimmung: tote Vögel. Vor allem Meisen, aber auch einige Amseln liegen vor den Glasfassaden, berichtet die Frau. Wie viele es sind und in welchem Zeitraum wie viele sterben, kann sie nicht abschätzen. Denn für manch andere Tiere dürften die Kadaver auch eine willkommene Beute sein.

Überdurchschnittlich viele tote Vögel im September

Dem Energieversorger ist das nicht verborgen geblieben. „Es ist tatsächlich so, dass immer wieder vereinzelt tote Vögel in der Nähe der verschiedenen Glasflächen des Gebäudekomplexes vorgefunden werden“, so der Sprecher Hans-Jörg Groscurth. „Wir beobachten diese Vorfälle seit Längerem und dokumentieren sie, um die Situation einschätzen zu können.“

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Und in der Tat seien jetzt im September überdurchschnittlich viele tote Vögel aufgefunden wurden. Groscurth: „Ob dies eine zufällige Schwankung oder eine längerfristige Entwicklung ist, können wir derzeit nicht sagen. Auf jeden Fall beobachten wir das wachsam. Nachhaltigkeit und Naturschutz haben an all unseren Standorten einen hohen Stellenwert.“ Erste Bemühungen, das Problem durch Bekleben der Scheiben mit Raubvogel-Motiven anzugehen, hätten jedoch keine erkennbaren Auswirkungen gehabt.

Wie viele Vögel den Tod an einer Glaswand finden, lässt sich nicht wirklich einschätzen. Das Bundesamt für Naturschutz nennt 240 000 tote Vögel pro Tag, vom Naturschutzbund (Nabu) gibt es die Zahl von 100 Millionen toten Vögeln jährlich, die an großen Glasscheiben sterben. Die EnBW ist da also kein Einzelfall, zumal dies keineswegs nur Firmengebäude betrifft. Auch bei Privathäusern gehören inzwischen möglichst große Glasflächen zum guten Lebensstandard.

Spiegelungen vermeiden

Dieser Vogeltod müsste aber nicht sein, bemerkt der Nabu. Und die Abhilfe sei klar: erst gar keine gläsernen Vogelfallen bauen. „Bei jedem neuen Gebäude sollte darauf geachtet werden, dass keine für Vögel gefährlichen Durchsicht-Situationen entstehen, zum Beispiel bei verglasten Hausecken oder Balkongeländern. Außerdem müssen Spiegelungen vermieden werden, indem reflexionsarmes Glas verwendet wird und möglichst keine attraktive Vegetation in der Nähe größerer Spiegelglasflächen steht“, so die Nabu-Sprecherin Susanne Zhuber-Okrog von der Stuttgarter Geschäftsstelle. Deshalb ist die Nabu-Forderung auch eindeutig: „Besonders vogelschlaggefährliche Neubauten wie verglaste Hochhäuser ohne gezielte Vermeidungsmaßnahmen dürften nach dem geltenden Artenschutzrecht in Zukunft keine Baugenehmigung mehr erhalten. Bestandsgebäude, an deren Glasfassaden viele Vögel sterben, sollten zur Nachrüstung im Sinne des Vogelschutzes verpflichtet werden.“

Glasscheiben für Vögel sichtbar machen

Und da gibt es viele Möglichkeiten: „Wirksam sind Muster oder Aufkleber, die die Glasscheiben für Vögel sichtbar machen. Damit sie auch bei Spiegel-Situationen erkannt werden, müssen sie außen an der Scheibe angebracht werden.“ Eine preiswerte Lösung sind Klebestreifen mit milchigem Effekt oder mit aufgedruckten Strukturen. Naheliegender ist es, Fensterflächen mit Gardinen, Jalousien, Rollos, Lamellenvorhängen und Ähnlichem sichtbar zu machen.

Bei der EnBW ist das Interesse an solchen Anregungen groß: „In unserem Gebäudemanagement werden die Vorschläge mit großem Interesse gelesen. Sie stehen im Kontakt mit Anbietern, um Maßnahmen zu testen“, so Groscurth. „Wir hoffen, dass sich die Situation verbessert, und sammeln damit Erfahrungen für weitere Standorte.“