Alltäglicher Konflikt in Paris: Fußgänger und Trotinette-Fahrer Foto: Knut Krohn

Paris weiß sich nicht mehr anders zu helfen, als strenge Regeln für die Elektroroller in der Stadt zu erlassen.

Paris - Der Jogger hat keine Chance. Wie aus dem Nichts schießt eine Touristin auf einem E-Roller im Tuileriengarten unweit des Pariser Louvre von hinten auf den nichts ahnenden Mann zu. Der Zusammenprall ist wüst und spektakulär, die Männer vom Rettungsdienst werden danach Platzwunden an den Köpfen, Hautabschürfungen und ein gebrochenes Handgelenk diagnostizieren. Die junge Touristin wird weinend zu Protokoll geben, dass sie schlicht die Kontrolle über das Gefährt verloren habe.

Immer häufiger kommt es in Paris zu solchen Zusammenstößen mit den sogenannten Trottinette. Allein 2017 wurden offiziell 284 Verletzte gezählt, die versorgt werden mussten – Tendenz stark steigend. In der französischen Hauptstadt sind die E-Roller längst zu einer Plage geworden. Nach offiziellen Angaben sind inzwischen jeden Tag rund 15 000 der Gefährte auf den Straßen unterwegs. Die Verantwortlichen der Stadt rechnen damit, dass sich der Boom weiter vorsetzen wird und allein in Paris am Ende dieses Jahres knapp 40 000 Trottinette gezählt werden.

Mietroller sind das Problem

Zum Problem sind vor allem die E-Roller der inzwischen elf Anbieter geworden, die im gesamten Stadtgebiet scheinbar herrenlos auf den Straßen stehen und mit einer App auf dem Smartphone problemlos ausgeliehen werden können. Allein der Anbieter „Lime“ zählte zuletzt in sechs Monaten rund zwei Millionen Fahrten von 315 000 Benutzern. Das sehr erfolgreiche Geschäftsmodell hat aber unerwünschte Nebenwirkungen: zu der dramatisch gestiegenen Zahl der Unfälle kommt, dass die nach der Benutzung achtlos abgestellten Gefährte an vielen Stellen die Gehwege blockieren.

Der Erfolg der Trotinette in Paris ist leicht zu erklären. Die Metropole ist das ideale Gelände für die E-Roller. Die Stadt ist flach, hat mehr als zwei Millionen Einwohner und ist sehr dicht besiedelt. Hinzu kommen Millionen von Touristen. Der Nahverkehr ist zwar auch in der Innenstadt gut ausgebaut, aber hoffnungslos überlastet. Aus diesem Grund nutzen viele Pendler die Trottinette, um von einer Haltestelle am Rand der Innenstadt zu ihrem Arbeitsplatz in der City zu gelangen.

Charta des guten Benehmens

Die Verantwortlichen wollen den Auswüchsen allerdings nicht weiter tatenlos zusehen. Aus diesem Grund wurde nun eine „Charta des guten Benehmens“ erlassen, in der die Regeln für die Benutzung einer Trottinette für alle Seiten festgelegt sind. Wer dagegen verstößt, wird zur Kasse gebeten. So ist zum Beispiel das nicht ganz ungefährliche Fahren auf dem Gehweg verboten. Wer dennoch erwischt wird, muss 135 Euro bezahlen. „Die Regelungen sind leider notwendig, da sich einige Benutzer der Fahrzeuge nicht angepasst verhalten und in gefährlicher Art und Weise unterwegs sind“, erklärt ein Sprecher der Stadt Paris. Ein weiteres Ärgernis sei, dass die Trottinette in „anarchischer Form“ geparkt würden. Künftig dürfen die E-Roller deshalb nur noch auf ausgewiesenen Flächen abgestellt werden.

Geplant ist in Paris zudem eine App für das Smartphone, mit der etwa wild abgestellte Trottinette gemeldet werden können. Auf diesem Weg wird der Verleiher informiert und er muss das Gefährt entfernen. Diskutiert werden zudem eine Helmpflicht und die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf 25 Kilometer pro Stunde. Die Stadtverwaltung in Paris unterstreicht allerdings, dass die Ausweitung des emissionsfreien Verkehrs in der Stadt auf keinen Fall gebremst werden solle. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo werde auch weiter konsequent daran arbeiten, den Autoverkehr zurückzudrängen, der fast täglich zu einem Verkehrsinfarkt führt.