Donald Trump gibt sich wohlwollend und hat im Streit um die Trennung von Einwandererfamilien eine Kehrtwende vollzogen. Foto: AP

Nach massiven Protesten zieht Trump dann doch die Reißleine, damit Kinder illegal eingereister Migranten nicht länger ihren Eltern weggenommen werden. Bis zuletzt hatte die Regierung noch beteuert, sie könne nicht anders, als das Gesetz zu befolgen.

Washington - In einer dramatischen Kehrtwende hat US-Präsident Donald Trump die umstrittene Trennung illegal eingereister Migranten von ihren Kindern gestoppt. „Wir lassen die Familien zusammen“, sagte Trump am Mittwoch (Ortszeit) im Weißen Haus. Zugleich betonte er, nicht von der „Null-Toleranz“-Politik der strafrechtlichen Verfolgung aller illegalen Grenzübertritte abrücken zu wollen. Bürgerrechtler kritisierten sein Einlenken als unzureichend.

Trumps Dekret sieht vor, Kinder und Eltern zusammen in Gewahrsam zu halten, ihre Fälle beschleunigt zu bearbeiten und das Pentagon in die Unterbringung der Menschen einzubinden. Verteidigungsminister James Mattis sicherte bereits Hilfe zu, sollte eine entsprechende Anfrage in seinem Haus eingehen.

Die Nachrichten hatten in vergangenen Tagen eindrückliche Bilder von Kindern dominiert, die in Käfigen in Einrichtungen an der Südgrenze zu Mexiko gehalten werden. Die Runde machten auch Audioaufnahmen mit Stimmen von Kleinkindern, die nach ihren Eltern schrien. Das Vorgehen der Behörden hat weltweit für Entsetzen gesorgt und Fragen nach Moral und Anstand der Supermacht USA aufgeworfen. Widerstand regte sich auch unter Trumps Republikanern, die negative Folgen auf ihre Chancen bei den Zwischenwahlen im November befürchten.

Trumps Familie hatte offenbar Einfluss auf die Entscheidung

Bis Mittwochnachmittag hatte die US-Regierung darauf beharrt, dass ein Ende der umstrittenen Praxis bei Migrantenfamilien nur durch ein vom Kongress verabschiedetes neues Einwanderungsgesetz möglich sei. Doch betonten Demokraten, aber auch Republikaner, dass nur eine Unterschrift Trumps nötig sei. Genau dies tat der Präsident dann letztlich.

Er möge den „Anblick“ oder das „Gefühl“ nicht, dass sich bei den Trennungen von Eltern und Kindern einstelle, bekannte Trump, stellte gleichwohl klar: „Wir werden starke, sehr starke Grenzen haben, aber wir werden die Familien zusammenlassen.“

Regierungskreisen zufolge spielte seine Familie eine Rolle bei Trumps Kehrtwende. First Lady Melania habe seit geraumer Zeit auf ihren Mann eingewirkt und ihm klargemacht, dass er sein Möglichstes tun sollte, um Familien zusammenzuhalten - entweder über eine Zusammenarbeit mit dem Kongress oder auf eigene Faust, sagte ein Mitarbeiter im Weißen Haus. Ein gewisser Einfluss wurde auch Tochter Ivanka zugeschrieben, die sich selbst als „Kraft des Guten“ in der Regierung bezeichnet hat. „Danke, @POTUS (Präsident der Vereinigten Staaten), dass Du wichtige Schritte ergriffen hast, um die Familientrennungen an der Grenze zu beenden“, twitterte Ivanka Trump am Abend.

Treibende Kraft hinter der Wende im Umgang mit illegal eingereisten Migranten und ihren Kindern soll aber Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen gewesen sein, wie aus ihrem Umfeld verlautete. Demnach hatte sie wenig Hoffnung, dass der Kongress eine Lösung finden würde. Erst am Dienstagabend war Nielsen beim Dinner in einem Restaurant von Regierungskritikern beschimpft worden, auch vor ihrem Haus tauchten Protestler auf.

Offen bleibt, was mit bereits getrennten Familien geschieht

Mehr als 2300 Kinder wurden nach Behördenangaben seit Mai von ihren beim illegalen Grenzübertritt gefassten Eltern getrennt. Die Väter und Mütter kommen in Gewahrsam des US Marshals Service, der zivilen Justizbehörde. Ihre Kinder kommen hingegen in Einrichtungen, die das Ministerium für Gesundheit- und Soziales (HHS) betreibt.

Trumps Dekret ließ die Fragen offen, was nun mit bereits getrennten Minderjährigen geschehen soll. HHS-Minister Alex Azar sagte, seine Behörde wolle so schnell wie möglich mit Familienzusammenführungen beginnen. Einen Zeitplan nannte er jedoch nicht, und einer seiner Mitarbeiter dämpfte Hoffnungen auf eine rasche Rückkehr von Kindern zu ihren Eltern. Vielmehr würden die Fälle der Minderjährigen wie gehabt weiter geprüft.

Nach einer früheren Einigung in einem Sammelklageverfahren, die den Umgang mit an der Grenze aufgegriffenen Minderjährigen regelt, dürfen illegal eingewanderte Familien nicht länger als 20 Tage festgehalten werden. Gene Hamilton, Rechtsbeistand von Justizminister Jeff Sessions, bestätigte, dass sich daran nichts geändert habe. Doch handele es sich bei der Regelung um „eine Überbrückungsmaßnahme.“ Anwälte im Justizministerium wollten bei einem Richter beantragen, eine Inhaftierung von Familien bis zum Abschluss ihres Straf- und Abschiebeverfahrens zu erlauben, sagte Hamilton. Damit könnte Trumps Dekret neue juristische Auseinandersetzungen nach sich ziehen.

Bürgerrechtlern ging Trumps Anordnung ohnehin nicht weit genug. Die Regierung wolle Familien - darunter Kinder - weiterhin wie Kriminelle behandeln und in „gefängnisartigen“ Einrichtungen festhalten, rügte der Präsident des Southern Poverty Law Center, Richard Cohen. Dabei gäbe es gangbare Alternativen.