Fredi Bobic hat in Frankfurt noch viel vor. Foto: dpa

Fredi Bobic freut sich über den Verbleib seines größten Stars und will Eintracht Frankfurt auf Kurs halten. Die Lehren aus seiner Zeit beim VfB Stuttgart sollen ihm dabei helfen.

Frankfurt - Die ganz große Hitzeglocke hat sich über Frankfurt zumindest vorübergehend gelüftet: Die Mainmetropole freute sich am Freitag aber nicht nur über die unverhoffte Abkühlung, sondern wie ein Lauffeuer verbreiteten sich eine zumindest für Fans von Eintracht Frankfurt noch erfreulichere Nachricht: Der Pokalsieger hat pünktlich zum Supercup gegen den FC Bayern (Sonntag 20.30 Uhr/ ZDF und Eurosport) den wichtigsten Pflock in der Personalplanung eingeschlagen, indem der kroatische Vizeweltmeister Ante Rebic den Hessen erhalten bleibt.

Sportvorstand Fredi Bobic und sein für Marketing, Vertrieb, Fans und Auslandsvermarktung zuständiger Kollege Axel Hellmann äußerten sich zunächst zu ihren am Vortag erfolgten Vertragsverlängerungen bis 2023, ehe der Baumeister Bobic ausplauderte, dass es gelungen sei, den Doppeltorschützen aus dem DFB-Pokalfinale gegen die Bayern (3:1) vorzeitig bis 2022 zu binden. Für den neuen Trainer Adolf „Adi“ Hütter „ein ganz starkes Zeichen vom Verein und von Ante“. Für Bobic ist es gar ein „Eintracht-Frankfurt-Meilenstein“.

Bobic ist der Antreiber in Frankfurt

Der 46-Jährige aus Stuttgart hat sich nach den ersten beiden Amtsjahren in Frankfurt den Ruf eines beharrlichen Antreibers erworben, dem es wohl ganz zupass kommt, dass er recht unbelastet bei den Adler-Trägern sein Amt antreten konnte. „Ich hatte mit Eintracht Frankfurt vor 2016 eher weniger zu tun.“ Nun ist ihm dank der exzellenten wirtschaftlichen Entwicklung bei einer erwarteten Umsatzsteigerung jenseits der 150-Millionen-Marke gelungen, seinen Senkrechtstarter davon zu überzeugen, den Weg mit dem Europa-League-Teilnehmer fortzusetzen.

„Wir haben alles reingelegt“, sagte Bobic, denn der zum neuen Großverdiener aufsteigende Dampfmacher Rebic sei mit seiner Spielweise unverzichtbar: „Seine Kraft und Power brauchen wir.“ Rebic trainiert erst seit wenigen Tagen wieder mit der Mannschaft, aber Hütter will einen Einsatz des 24-Jährigen im Supercup nicht ausschließen. Der Spieler selbst blickt der Begegnung mit seinem Ziehvater Niko Kovac mit Vorfreude entgegen: „Auch wenn unser Trainer jetzt ihr Trainer ist – wir werden eine gute Leistung zeigen.“ Eine Botschaft hat ihm Bobic schon geflüstert: „Ich habe gesagt, ich verlange nichts von dir, außer zwei Tore.“

Boateng war als Integrationsfigur in dem Multikulti-Kader unverzichtbar

Der grandiose Rausch des Pokalsiegs wäre mit einem Rebic-Weggang zwar nicht verflogen – vor der Auslosung sind sämtliche Karten für die Europa-League-Gruppenphase verkauft worden –, aber zu groß sollte der Umbruch eben auch nicht ausfallen, wo Fredi Bobic doch schon vier Leistungsträger abhanden gingen. Nach Torhüter Lukas Hradecky (Bayer Leverkusen) und Abräumer Omar Mascarell (Schalke 04) verließen auch Antreiber Kevin-Prince Boateng (Sassuolo Calcio) und Entdeckung Marius Wolf (Borussia Dortmund) den Klub. Gerade Boateng war als Bindeglied und Integrationsfigur in dem Multikulti-Kader eigentlich unverzichtbar.

Die Neuzugänge fremdeln teilweise noch in der ungewohnten Umgebung: Dem dänischen Nationaltorwart Frederik Rönnow – bei der WM nur Reservist, dann am Knie verletzt – fehlt gänzlich die Praxis, bei den Mittelfeld-Leihgaben Allan Souza (FC Liverpool) und Chico Geraldes (Sporting Lissabon) hakt es ebenso noch gewaltig wie Verteidigertalent Evan Ndicka (AJ Auxerre) oder Stürmer Goncalo Paciencia (FC Porto). Hütter warnt schon vor zu hohen Erwartungen. „Der Umbruch ist ein laufender Prozess, der Zeit benötigt.“ Der 48-Jährige steht nach eigener Aussage „für den offensiven Fußball.“ Aber: „Es wird nicht passieren, dass wir 90 Minuten Pressing spielen und hinten die Hosen runterlassen.“

Schlechte Erfahrungen beim VfB

Der langfristige Verbleib der Frontmänner Bobic und Hellmann, die laut Aufsichtsratschef Wolfgang Steubing „bei anderen Vereinen auf dem Wunschzettel“ standen, soll immerhin Stabilität auf der Kommandobrücke garantieren, zumal sich auch Sportdirektor Bruno Hübner nunmehr bis 2021 gebunden hat. Bobic wollte jedoch keine Visionen ausgeben, er weiß, wie gefährlich das sein kann.In Bobic’ Stuttgarter Zeit sprach der damalige VfB-Präsident Bernd Wahler unvorsichtigerweise von der Champions League als Ziel des Vereins – was sich schnell als ziemliches Eigentor herausstellte: „Wir werden jetzt bestimmt nicht die Champions League ausrufen, das wäre vermessen“, sagt Fredi Bobic.

Indes kündigte Steubing an, im operativen Bereich „in den nächsten fünf Jahren werden in Frankfurt dicke, dicke Bretter gebohrt - das sind richtige Platten.“ Eine neue Geschäftsstelle soll gebaut werden, das Stadion im Zuge der EM-Bewerbung 2024 ausgebaut und auch irgendwann selbst betrieben werden. Zudem sind größere Anstrengungen bei den Themen Digitalisierung und Internationalisierung geplant. Bobic‘ Mitstreiter Hellmann glaubt: „Das Schiff segelt in die richtige Richtung.“