Piraten-, Fußball-, oder Einhorn-Motive: Die Schultüte ist immer noch ein „Renner“ unter den Erstklässlern. Auch wegen der leckeren Süßigkeiten, die sich darin verbergen. Foto: dpa

Erstklässler starten traditionell mit der liebevoll verzierten und natürlich prall gefüllten Schultüte die Schulzeit. Süßigkeiten gehören standardmäßig dazu – aber es gibt auch gesündere Alternativen. Ernährungswissenschaftlerin Christina Pittelkow-Abele gibt Tipps.

Stuttgart - Als der kleine Erich Kästner an seinem ersten Schultag im Jahr 1906 der Nachbarin seine „Zuckertüte mit der seidnen Schleife“ zeigen wollte, fiel diese ihm zu Boden und der wertvolle Inhalte kullerte heraus: Der neue Erstklässler „stand bis an die Knöchel in Bonbons, Pralinen, Datteln, Osterhasen, Feigen, Apfelsinen, Törtchen, Waffeln und goldenen Maikäfern“.

Süßigkeiten und Schulanfang gehören schon seit über zweihundert Jahren zusammen. Höchste Zeit für einen Neuanfang, findet Ernährungswissenschaftlerin Christina Pittelkow-Abele vom Gesundheitsamt Stuttgart. Im Interview gibt sie Tipps, wie eine Schultüte auch ohne Zucker den Kindern den Schulstart versüßen kann.

Welche Überraschungen empfehlen Sie für die Schultüte?

Schon mit dem ersten Tag setzen die Eltern ihren Kindern ein Zeichen. Deshalb rate ich, Obst und Gemüse in optisch ansprechender Form in die Schultüte zu geben. Das Auge isst mit. Ein ganzer Apfel wird häufig nur zweimal angebissen und dann weggelegt. Auf einem Spießchen dagegen wirkt das Apfelstück schon attraktiver. Radieschen und Karotten lassen sich in lustige Figuren schnitzen. Interessant wirken auch die Mini-Paprikas oder Mini-Gurken, die es in den Frischtheken der Supermärkte gibt. Zusätzlich sind eine schicke Frühstücksdose und eine verschließbare Trinkflasche sinnvolle Geschenke für die Schullaufbahn. Bunte Stifte, kleine Leselern-Bücher oder auch Gutscheine für gemeinsame Aktivitäten passen gut in die Schultüte.

Was ist mit Gummibärchen und Schokolade?

Nach dem Naschen von Süßem steigt der Blutzuckerspiegel rasch an, sinkt aber genauso schnell wieder. Wer will, dass sich sein Kind gut konzentrieren kann, sollte deshalb lieber Studentenfutter oder Trockenfrüchte zurückgreifen als auf Schokolade. Vorsicht auch vor Müsliriegeln, in denen Zucker enthalten ist. Das ist auch deshalb problematisch, weil in der Schule nicht mehr, wie in der Kita, nach dem Essen die Zähne geputzt werden. Man darf auch nicht vergessen, dass die Zahl der übergewichtigen Kinder und Jugendlichen zunimmt. 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind in Deutschland übergewichtig, davon 6,3 Prozent sogar fettleibig. Immer mehr von ihnen leiden an chronischen Folgeerkrankungen wie Diabetes.

Treffen sich zwei Kinder im neuen Klassenzimmer: Der eine holt seine Gummibärchen aus der Schultüte, der andere Obst und Gemüse. Wer ist glücklicher?

Das kommt darauf an. Gummibärchen sind nichts Besonderes. Dagegen exotische Früchte wie die Kapstachelbeeren, die aufgefaltet wie ein orangener Stern aussehen, wirken spannend und können auch bei den Schulkindern Neugier erzeugen – nach dem Motto: „Was hast du denn? Zeig mal.“ Wer aber Enttäuschungen vermeiden und auf Süßigkeiten nicht verzichten will, kann auch auf die Produkte aus dem Supermarkt mit dem Zahnmännchen-Logo zurückgreifen. Das sind zuckerfreie, zahnfreundliche Süßwaren, die keinen Karies verursachen und gesünder sind als Gummibärchen.

Für Eltern und Verwandte, denen das Schnitzen von Gemüse zu aufwendig ist: Gehen auch Geldscheine als Schultüten-Überraschung?

Dass Sie mich nicht falsch verstehen: Die Eltern brauchen ja nicht immer für das Vesper eine Karotte in ein Pferdchen schnitzen, sondern sollen sich eben für den ersten Schultag etwas Besonderes einfallen lassen. Wer Geld in die Schultüte gibt, riskiert, dass die Euros in den Kauf von Schokolade fließen. Glaubt man den wissenschaftlichen Studien, geben Kinder den größten Teil ihres Taschengeldes für Süßigkeiten aus. Deshalb sollten Eltern lieber ein Pausenbrot zubereiten, als ihren Kinder zwei Euro mitzugeben.

Was für eine Botschaft haben Sie an die Eltern zum Schulanfang?

Eltern sollten dafür sorgen, dass das Kind nicht mit leerem Magen aus dem Haus geht. Selbst wenn die Kinder Morgenmuffel sind, sollten sie wenigsten etwas getrunken haben. Wenn es gar nicht anders geht und anschließend Zähne geputzt werden, kann das auch eine Tasse Kakao sein. Denn wer Flüssigkeit zu sich genommen und gefrühstückt hat, kann sich in den ersten Schulstunden besser konzentrieren – das ist nachgewiesen. Beim Vesper wäre es optimal, wenn das Pausenbrot mit den Kindern gemeinsam zubereitet wird – gerne auch am Abend davor. Auch wenn die Frühstücksdose eine Nacht im Kühlschrank liegt, wird sie dem Kind mehr Vitamine und Energie liefern als eine Salzbrezel.

Wie hängt die Ernährung mit dem Verlauf der Schulkarriere zusammen?

Ich kann natürlich nicht sagen, dass die Kinder, die besser essen, auch die bessere Mathearbeit schreiben. Aber wenn Eltern sich wünschen, dass ihre Kinder sich in der Schule gut konzentrieren, dann sollten sie auf ein gesundes Vesper achten und damit gleich bei der Schultüte beginnen.