Breuninger legt verstärkt den Fokus auf Onlineaktivitäten. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

In drei Jahren dürfte das Stuttgarter Kaufhaus auf der Fläche gleich viel umsetzen wie im Internet: Der erfolgreiche Wachstums- und Erfolgskurs wird Sven Bernhardt zugeschrieben.

Stuttgart - Breuninger gilt als einer der Schrittmacher im Handel. In der Stadt zeigt sich das nicht zuletzt, durch die Entwicklung des Dorotheen Quartiers, von dem das Mutterhaus profitiert. Das Kaufhaus greift nun auch international nach den Sternen. Nach zehn Jahren Breuninger Online-Shop in Deutschland und zwei Jahren in Österreich expandiert das Stuttgarter Unternehmen online in der Schweiz. Mit dieser Entscheidung, so kommuniziert das Unternehmen, treibe Breuninger konsequent seinen Wachstums- und Investitionskurs voran.

Das Besondere daran ist: Im Gegensatz zu anderen Unternehmen wagt Breuninger diesen Sprung ins Ausland ohne Filialunterstützung. Für Fachleute zeigt das, wohin die Reise beim Handelsunternehmen geht: in Richtung Online und Internationalisierung. Offiziell macht Breuninger zwar keine Angaben über Umsätze, aber in der Branche heißt es: Zuletzt sollen es von 900 Millionen Euro Gesamtumsatz etwa 30 Prozent Umsatz durch den Online-Handel sein. Vor zwei Jahren solle das Verhältnis noch bei 20 Prozent Online-Umsatz bei 800 Millionen Euro gelegen haben. Daher wird im Handel damit gerechnet, dass Breuninger in den kommenden drei Jahre die 50-Prozent-Marke knackt. Dann würde das Kaufhaus auf der Fläche gleich viel umsetzen wie im Internet.

Citymanager lobt mutige Schritte

Natürlich bedeutet das nicht, dass der stationäre Bereich mit bisher insgesamt elf Häusern vernachlässigt wird. Die Unternehmenskommunikation teilt mit: Nach der erfolgreichen Etablierung des Düsseldorfer Flagship Stores 2013 sei man weiter auf der Suche nach geeigneten Flächen. Unter anderem an den Standorten München, Frankfurt und Hamburg. Dass Breuninger dieses Geschäft beherrscht ist bekannt. Aber dass man auch im Online-Markt ein Wachstum hinlegt, dem andere stationäre Händler wie Douglas oder Media-Saturn nicht folgen können, verblüfft viele.

City-Manager Sven Hahn erklärt dazu: „Breuninger ist eines der Aushängeschilder des Einzelhandels – nicht nur in Stuttgart.“ Das Unternehmen habe in der Vergangenheit viele mutige Schritte in die richtige Richtung gemacht, wie etwa den Bau des Logistikzentrums in Sachsenheim, was für das Wachstum des Onlinehandels bei Breuninger mutmaßlich extrem wichtig ist, so Hahn weiter.

Im eigenen Haus, aber auch bei Mitbewerbern, wird diese dynamische Entwicklung mit einem Namen verbunden: Sven Bernhardt. Sein Credo lautet: Egal auf welchem Kanal, „man muss den Kunden begeistern“. Diese Breuninger-Vision wird den Mitarbeitern täglich auf großen Plakaten in den Häusern eingetrichtert.

Auf der Handelskonferenz K5 referierte Bernhardt vor Kurzem darüber, und was die rasante Entwicklung im Online-Handel überhaupt erst möglich machte. Dazu zählt auch die Tatsache, dass Breuninger sich vor zwei Jahren dazu entschieden hat, eine eigene Online-Plattform zu entwickeln und sich von einer Standard-Software zu lösen. „Das war ein Eingriff am offenen Herzen“, berichtete Bernhard auf der K5-Konferenz. Denn von Mitbewerbern, die ähnliche Schritte gegangen seien, hörte er von „Paketen, die falsch rausgegangen sind.

Kundenkarte entscheidender Vorteil

Aber alleine die Online-Shop-Software erklärt das Wachstum nicht. Bernhardt zählte eine ganze Reihe von weiteren Faktoren auf: Etwa „E-Commerce auf allen Touchpoints“, der „Click-and-Collect in allen Häusern“, „die vor vier Jahren entwickelte App“, „Tablets bei den Verkäuferinnen auf der Fläche“ und schließlich das Wichtigste: die Breuninger-Kundenkarte. Mit der Karte, die in diesem Jahr ihr 60-Jähriges feiert, hat man einen deutlichen Vorsprung im Wettbewerb. Denn Daten über Kunden sind heute bares Geld wert. Auch Bernhardt sagt: „Diese Daten versetzen uns in die positive Lage, dass wir sehr viel über unsere Kunden wissen.“ Zudem gewinne man so eine Loyalität bei den Kunden, die in diesen Zeiten nur noch schwer zu erreichen ist.

Doch auch wenn die Fachwelt das Verschmelzen von stationärem und digitalem Handel als das erfolgreiche Zukunftsmodell feiert, sieht der City-Manager diese Entwicklung nicht ausschließlich positiv. „Wer online erfolgreich sein will, braucht extrem viel Personal und muss einen hohen finanziellen Aufwand bringen können“, sagt Hahn. „Wir müssen aufpassen, dass auch die kleinen Händler weiterhin eine Chance am Markt haben.“

Machtwechsel

Der Einkaufscenter-Betreiber Unibail-Rodamco-Westfiled (URW) übernimmt vom 1. Januar an das Centermanagement in den Breuningerländern in Sindelfingen und Ludwigsburg und löst damit die ECE ab. Diese Meldung sorgt im Handel für Gesprächsstoff. Einerseits, weil URW die Vormachtstellung der ECE angreift und bereits das Management an zwei weiteren Standorten der ECE abgenommen hat. Zweitens, weil Breuninger-Immobilien-Chef Ulrich Wölfer vor zwei Jahren noch bei der URW tätig war. Nun könnte diese Verbindung einen weiteren Coup nach sich ziehen. Breuninger ist ein Anwärter, Ankermieter des 2022 startenden URW-Centers Hafen-City in Hamburg zu werden. (mh)