Die Zukunft des Cap-Marktes in Stetten (Leinfelden-Echterdingen) ist weiter offen. Foto:  

Einkaufen und dabei den Arbeitsplatz von behinderten Menschen sichern: Das geht in den vier Cap-Märkten im Kreis Esslingen. Deren Fortbestand hängt allerdings am seidenen Faden. Bereits eine Stadt hat entschieden, bei der Finanzierung nicht mehr mitzuspielen.

Leinfelden-Echterdingen - Das Angebot im Stettener Cap-Markt ist überraschend groß. Wer Pflanzen für den Schrebergarten sucht, wird gleich am Eingang des Ladens fündig. Die Auswahl an Getränken ist riesig, bei den Milchprodukten ist für jeden etwas dabei. Die Backwaren stammen teils von der Musberger Eselsmühle. In dem Geschäft an der Jahnstraße gibt es Katzenstreu, Haushaltshandschuhe, Schreibblöcke und andere Dinge des täglichen Bedarfs. Das Geschäft, das neun Mitarbeiter hat – sieben davon mit Handicap –, verkauft sogar Vesperdosen aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Waren sind vielleicht etwas teurer als im Discounter, dafür ist der Mann an der Kasse sehr freundlich. Mitarbeiter und Kunden kennen sich, man begrüßt sich mit Namen.

Die Kunden wünschen sich mehr Solidarität mit dem Laden

„Es gibt hier einfach alles, der Laden ist wirklich gut sortiert“, sagt eine Frau, die gerade Tomatenpflanzen eingekauft hat. Obwohl es von ihrer Wohnung aus näher zu einem großen Discounter wäre, schaut sie gerne beim Cap-Markt vorbei. „Es wäre wirklich schade, wenn es den Markt nicht mehr geben würde“, sagt sie. „Insbesondere für die vielen älteren Menschen, die hier oben leben.“ Eine andere Kundin sagt: „Mich stört, dass nicht mehr Menschen hier einkaufen.“ Sie wünscht sich mehr Solidarität mit einem Laden, der behinderte Menschen beschäftigt, zumindest von Leuten, die nicht auf jeden Cent schauen müssen. Die 82-Jährige sagt: „Ich kaufe hier alles.“ Sie hofft, dass dies auch künftig möglich sein wird.

Der Laden ist der einzige, der auf der Weidacher Höhe – dem oberen Teil von Stetten – übrig geblieben ist. Der Markt sichert dort die Nahversorgung. Wie lange noch, das steht allerdings in den Sternen. Denn der Gemeinderat von Kirchheim hat vor wenigen Tagen Nein gesagt zu einem weiteren Zuschuss für seine Cap-Märkte. Die Kommune will insbesondere den Cap-Markt in Ötlingen finanziell nicht mehr unterstützen. Mit diesem Beschluss steht allerdings auch die Neuausrichtung aller vier Cap-Märkte im Kreis auf der Kippe.

Dazu muss man wissen, dass der Reha-Verein zum Aufbau sozialer Psychiatrie im Landkreis Esslingen bisher der Träger dieser vier Märkte ist: Einer davon liegt in Stetten, einer in der Gemeinde Neuhausen und zwei in Kirchheim (in Ötlingen und in Notzingen). Weil dem Verein größere Investitionsanforderungen zu schaffen gemacht haben, hat er sich entschieden, seine vier Märkte auf einen anderen Träger – eine gemeinnützige GmbH – zu übertragen. Für diesen Neuanfang hat man sich finanzielle Unterstützung seitens der jeweiligen Kommunen erhofft. Im Gegenzug sollte der Bestand der Läden für mindestens fünf weitere Jahre garantiert werden. Die Gemeinden hatten, als die Cap-Märkte in ihrem Gebiet eingerichtet wurden, bereits jeweils eine Anschubfinanzierung geleistet.

Nun steht die Entscheidung in L.-E. an

„Es wird alles versucht, die Märkte zu retten“, hat Albrecht Schumacher, der Geschäftsführer des Reha-Vereins vor Kurzem gegenüber unserer Zeitung gesagt. Will heißen, es hat verschiedene Gespräche mit den Kommunen und den zuständigen Ausschüssen gegeben.

Für Leinfelden-Echterdingen ist eine einmalige Finanzspritze in Höhe von 150 000 Euro im Gespräch, Neuhausen sowie Kirchheim sollten sich jeweils mit 300 000 Euro beteiligen. Der Finanzausschuss von L.-E. hat bereits einhellig grünes Licht gegeben, an diesem Dienstag steht die Entscheidung dazu im nicht öffentlichen Teil des Gemeinderates an. In Neuhausen fällt der Beschluss erst nach den Kommunalwahlen – also nicht vor Juni. Für Neuhausen gilt: Der Cap-Markt hat „seinen Platz im Ort“, wie Elke Eberle, die Sprecherin der Gemeinde, sagt. Der Laden liege mitten im Zentrum, sei als Nahversorger für viele ältere Menschen eine wichtige Anlaufstelle.

Eine Entscheidung, die wegweisend sein könnte

Im Kirchheim ist die Entscheidung gefallen. Der Gemeinderat hat sich „nach langer Diskussion“, wie Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker sagt, einstimmig gegen eine weitere Förderung entschieden. „Die Stadt hat den Ötlinger Markt bereits mit 150 000 Euro unterstützt“, erklärt sie. Nun sollte die Kommune doppelt so viel drauflegen. Dieser Markt spiele in Sachen Nahversorgung auch nicht eine solche Rolle wie jener in L.-E. Es gebe in der Nähe noch weitere Läden. Das neue Konzept der Cap-Märkte lege zudem nicht nahe, dass man künftig ohne Zuschuss der Kommunen auskommen könne. Für die Behinderten will die Stadt Kirchheim Arbeitsplätze in anderen örtlichen Unternehmen finden und dazu einen Unternehmerdialog veranstalten.

Was dies für Leinfelden-Echterdingen und den Laden an der Stettener Jahnstraße bedeutet, ist noch offen. Denn bisher ist der Zuschuss der Stadt L.-E. an die Zusage der anderen Kommunen geknüpft, wie zu erfahren war. Für alle vier Läden aber gilt wohl das, was Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell unserer Zeitung sagt: „Schlussendlich entscheidet der Verbraucher.“ Das Angebot lebt davon, dass es angenommen wird.