Ryanair-Beschäftigte demonstrieren am Frankfurter Flughafen – mit Erfolg, wie sich nun zeigt. Foto: dpa

Ryanair und die Pilotenvereinigung Cockpit legen einen erbitterten Arbeitskampf bei. Dies wurde nur möglich durch eine Gesetzesänderung, die Ryanair-Chef O’Leary das System der deutschen Sozialpartnerschaft vor Augen führte, meint Matthias Schiermeyer.

Stuttgart - Die Theorie, dass der Markt es schon richten werde, ist in einer globalisierten Welt und auch in einem Europa der offenen Grenzen schon des Öfteren widerlegt worden. So haben Billigflieger wie Ryanair oder Sunexpress – beflügelt vom liberalisierten Luftverkehr – jahrelang nationale Gesetzeslücken ausgenutzt und die in Deutschland bewährte Sozialpartnerschaft umgangen. Ende der vorigen Woche wurden sie vom Gesetzgeber dazu gezwungen, Betriebsräte zuzulassen – und allein dieser Druck hat die Unternehmen nun auf einen Kompromisskurs mit der Pilotenvereinigung Cockpit einschwenken lassen. Erst die Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, die auch dem fliegenden Personal die Gründung von Arbeitnehmervertretungen ermöglicht, stiftet jetzt mehr Arbeitsfrieden.

Arbeitsminister Heil als Vater des Erfolgs

Ryanair-Chef Michael O’Leary hat somit eine Lektion in Sachen deutscher Sozialpartnerschaft erhalten – das ist die Hauptbotschaft des Eckpunktepapiers, auf das sich der Billigflieger und Cockpit jetzt verständigt haben. Wer sich seiner sozialen Verantwortung entzieht, muss zur Rechenschaft gezogen werde. Als Vater des Erfolgs darf sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil betrachten, der in vorderster Front für die gesetzliche Grundlage zur betrieblichen Mitbestimmung gekämpft hatte – für einen Sozialdemokraten ist das ein mittlerweile selten gutes Gefühl. Von seinem Vorstoß werden noch einige weitere Belegschaften in Cockpit und Kabine profitieren, deren Fluggesellschaften eine Tarifpartnerschaft auf Augenhöhe ablehnen.

Anhebung der sicheren Einkommensanteile

Nunmehr sollen die Ryanair-Piloten Arbeitsverträge nach deutschem Recht erhalten. Damit gelten für sie auch die üblichen Arbeitnehmerschutzgesetze. Damit einher geht eine deutliche Anhebung zumindest des gesicherten Gehaltsanteils der Flugzeugführer, die bisher von starken variablen Anteilen abhängig waren. Es mag sein, dass all diese Maßnahmen die enormen Gewinne des Billigfliegers schmälern und auch seine Ticketpreise etwas in die Höhe treiben. Profitabilität vor allem auf Kosten des eigenen Personals ist kein sinnvolles Geschäftsmodell. Im Gegenzug wird der Wettbewerb am deutschen Himmel etwas fairer. Und der Passagier kann auf eine größere Verlässlichkeit von Ryanair hoffen, weil die Streikanfälligkeit geringer wird – das hilft sogar Michael O’Leary.