Viel hat sich an dem abgerutschten ehemaligen Steinbruch in Nürtingen-Zizishausen bisher nicht getan. Foto: Horst Rudel/Archiv

Anderthalb Jahre nach einem Hangrutsch im Nürtinger Stadtteil Zizishausen ist die Verunsicherung nach wie vor groß. Die Anwohner üben nach einer Informationsveranstaltung der Stadt in einem offenen Brief Kritik an den geplanten Sicherungsmaßnahmen.

Nürtingen - Im Nürtinger Stadtteil Zizishausen kehrt im Umfeld der im Juni 2016 von einem Hangrutsch betroffenen Panoramastraße nach wie vor keine Ruhe ein. Nach einer Informationsveranstaltung zur geplanten Sicherung des Geländes, die die Stadtverwaltung Anfang Dezember für Anwohner der Panoramastraße angeboten hatte, äußern diese in einem offenen Brief ihr Misstrauen über die Maßnahmen, ihren Ärger über das Prozedere der Schadensregulierung und ihren Unmut über das Vorgehen der Stadt.

Inzwischen ist der Bauherr, von dessen Terrasse der Hangrutsch am 8. Juni 2016 ausgelöst worden war, in sein Haus eingezogen. Über ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis mit den angrenzenden Anwohnern wird er sich kaum freuen können, denn die Frustration ist nach wie vor groß. Die Schadensregulierung läuft sehr schleppend, zumal die gegen das als Bauherren eingetragene Paar, eine Architektin, einen Verantwortlichen der Gartenbaufirma und einen Statiker eingeleitete Ermittlung wegen Baugefährdung laut der Staatsanwaltschaft Stuttgart noch nicht abgeschlossen sei. Erst dann werde sich entscheiden, „ob Anklage erhoben, ein Strafbefehl erlassen oder das Verfahren eingestellt wird“, erklärt Jan Holzner, der Sprecher der Anklagebehörde auf Nachfrage.

Die Erdwärmebohrung wurde vom Landratsamt genehmigt

Andreas Neureuther, der Technische Beigeordnete der Stadt „kann den Unmut der Anwohner verstehen“. Auch deren Befürchtungen, eine inzwischen bereits ausgeführte Erdwärmebohrung im Auftrag des Bauherrn könnte erneut Bewegung in den nicht endgültig gesicherten Hang bringen. Doch diese sei zuvor von einem Gutachter als unbedenklich eingestuft worden. Die Maßnahme sei vom Landratsamt genehmigt worden, nachdem bescheinigt worden war, dass keine zusätzliche Gefährdung des Geländes entstehe, sagt Andreas Neureuther. Im Übrigen sei die Bohrung ein Teil der Baugenehmigung, da das Energiekonzept für das Haus auf Erdwärme basiere.

Jetzt sei in erster Linie „die Hangsicherung vorrangig“, mit der laut der Stadtverwaltung im Frühjahr begonnen wird. Für die müsse der Bauherr in Vorleistung gehen. Doch die Anwohner trauen der Einschätzung der beauftragten Gutachter offenbar nicht. Diese erwarteten zwar keine weiteren Gefahren, aber sie „garantieren nicht dafür und übernehmen im Zweifelsfall keine Haftung“, heißt es in dem Brief.

Die Verfasser des mit „Zuhörer und Anwohner der Panoramastraße“ unterzeichneten Schreibens üben zudem grundsätzliche Kritik an dem exponierten Wohnhaus, welches sie als „Industriebauwerk“ bezeichnen. Sie fragten sich, wie eine solche „Bausünde“ überhaupt habe genehmigt werden können. Neureuther will sich dazu nicht äußern, mit dem Genehmigungsverfahren sei sein Vorgänger Andreas Erwerle befasst gewesen. Die Stadt versuche indes, nach dem Hangrutsch „für die Nachbarn das Optimale zu erreichen“. Er habe die Informationsveranstaltung mit rund 50 Zuhörern „anders empfunden“ als in dem Brief beschrieben. Letztlich gehe es einzig darum, „dass das dort in Ordnung kommt“.

Nachbar will eigenen Geologen beauftragen

Ayhan Kurt bezweifelt das. Sein Grundstück grenzt unmittelbar an den abgerutschten ehemaligen Steinbruch, er beklagt an seinem Haus und Garten Schäden von „knapp 200 000 Euro“. Dabei sei die Drainage, die durch den Hangrutsch beschädigt worden sei und nun Feuchtigkeit im Keller verursache, noch nicht einmal eingerechnet. Bei ihm seien bis jetzt erst rund 80 000 Euro von der Versicherung angekommen, über die er aber erst verfügen könne, wenn die Ermittlungen abgeschlossen seien. Die Hangsicherung erachte er lediglich als „Haussicherung“ des Bauherrn. Was diesem widerfahren sei, könne passieren. „Aber dann sollte er auch für den Schaden gerade stehen.“ Im Übrigen beauftrage er, Kurt, jetzt einen eigenen Geologen mit der Einschätzung der Gegebenheiten.