Das magische Glas verrät uns Wort für Wort die ziemlich unglaubliche Zukunft. Foto: Gottfried Stoppel

Das magisch mit reiner Mentalenergie über den Tisch wandernde Glas verrät fast alles, was im kommenden Jahr passieren könnte: Aber gerade bei derlei fast unglaublichen Vorhersagen gilt im Zweifelsfall: Scherben bringen Glück.

Ausblick - Das kann ja heiter werden im neuen Jahr. Wir haben einmal mehr keine Mühen gescheut und das auf dem Tisch tanzende magische Glas nach allen Regeln des metaphysisch angesteuerten Alphabets befragt. Die Antworten waren – wie befürchtet – fast unglaublich. Hier sind sie, die Dinge, die im Kreis anno 2019 geschehen könnten – oder auch nicht.

Das Drama mit der Altweinschwemme in Weinstadt, genauer im Keller der Remstalkellerei, nimmt im späteren Frühjahr eine wundersame Wende. Die brachliegenden 2014er, 2015er und 2016er-Jahrgänge dienen in diesem Jahr in wechselnder Zusammensetzung der Gesundheit mittels äußerlicher Anwendung. Aus Ärger über die eigene Erhöhung der Wassergebühren hat die Stadt beschlossen, das halbmarode Stiftsbad mit seinem vor bröselnden Deckenteilen schützenden provisorischen Netz-Baldachin im Gartenschaujahr mit vergleichsweise billigem Wein zu füllen, den die Remstalkellerei in Beutelsbach zu besonders günstigen Konditionen die paar Meter hangabwärts ins 20-Meter-Becken pumpt.

Den Auftakt macht pünktlich zum Gartenschau-Start am 10. Mai eine Spaßbade-Cuvée aus unverkäuflichem Müller-Thurgau diverser hauseigener Problemjahrgänge und im Keller vergessenem 2016er Kerner halbtrocken. Ein kostenlos erstelltes medizinisches Gutachten bescheinigt dem frischen Tropfen mit dezenter Säure lindernde Wirkung bei Schuppen, Krätze und Betriebsblindheit.

Geplant ist unter anderem auch eine quasi handverlesene Füllung mit sortenreinem 2016er Trollinger unter anderem aus der Lage Großheppacher Wanne. Das liegengeblieben schwäbische Ex-Nationalgetränk kommt aus längst abgefüllten Flaschen und wird im Rahmen einer Gartenschau-Sondervorführung regionalen Brauchtums von sämtlichen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern der vergangenen zwei Genossenschaftsjahrzehnte Glas für Glas direkt ins Stiftsbadbecken geleert. Während der weinseligen Zeiten im Stiftsbad haben natürlich alle Genossenschaftswengerter dort – quasi als späte Wiedergutmachung fürs entgangene Traubengeld im Frühjahr – freien Eintritt. Angesichts dieser Wendung wollen angeblich selbst die Stettener Genossenschafts-Separatisten möglicherweise wieder zurück unters neue Baddach der schlagartig weltberühmt gewordenen Remstäler Xondheitskellerei schlüpfen.

Strom durch Muskelkraft

Nachdem die Stadt Waiblingen ihre Pläne für eine Windkraftanlage auf der Buocher Höhe hat abblasen müssen, steckt die Verwaltung viel Energie in die Suche nach alternativen Methoden zur Gewinnung erneuerbarer Energie. Das Ergebnis: Waiblingen verlegt seine Aktivitäten an die Rems und setzt auf Wasserkraft. Am Flussufer entstehen Stege und Plattformen, offiziell als Einstiege für Hobby-Kanu- und Kajakfahrer deklariert. Tatsächlich ankern am Remsstrand vom Frühjahr 2019 an große Galeeren, die als mobile Wasserkraftwerke fungieren. Mit gewaltigen Rudern und Muskelkraft werden sie remsauf- und -abwärts bewegt, eine Turbine an Bord erzeugt Strom.

Im Gartenschau-Jahr 2019 rekrutiert die Stadt die Besatzungen aus Besuchern des Großereignisses. Das Stadtmarketing hat dazu eine clevere Strategie samt Plakataktion ausgeheckt, um den schweißtreibenden Stromerzeugungsakt als Freizeit- und Fitnessvergnügen zu verkaufen, für das die Gäste sogar noch Eintritt bezahlen. Nachdem zum Jahresende die Touristenströme nachlassen, setzen sich die Mannschaften aus örtlichen Ruderern zusammen: Ehrenamtliche, Temposünder, Falschparker und Hundebesitzer, die ohne Kotbeutel ertappt wurden, werden zum Rudern zwangsverpflichtet. Obendrein wird ein Teil der Gemeinderatssitzungen an Bord verlegt. Der Nebeneffekt: langatmige Redebeiträge werden auf natürliche Weise verkürzt, die Sitzungszeiten verringert – nebenbei wird Strom erzeugt. Die Verwaltungsspitze spricht von einer klassischen „win-win“-Situation.

Oha, da hat Schorndorfer (Alt-)Stadtrat Konrad Hofer den (ehemaligen) Kollegen in seiner allerletzten Gemeinderatsitzung noch einen hübschen Floh ins Ohr gesetzt. In seiner Abschiedsrede erzählt er en passant von längst vergessenen Plänen, den Archivplatz mit einer Tiefgarage zu versehen. Da glitzert es verdächtig in den Augen mancher Gemeinderäte. In einer heimlichen Klausursitzung treffen sich die Fraktionsspitzen noch in den Weihnachtsferien, um sich zu beraten. Schnell ist man sich einig: Gebuddelt wird in Schorndorf an so vielen Ecken und Enden, da fällt ein weiteres kleines Loch in der Innenstadt nicht auf. Zumal im Grunde nur die vielen Gewölbekeller miteinander verbunden werden müssten und schwupps wäre sie da, die wahrscheinlich längste Tiefgarage der Welt. Nebenbei ließe sich die Innenstadt bequem über die unterhöhlte Mitte mit Glasfaserkabeln versorgen, könnten hunderte dringend benötigte Park-and-Ride-Parkplätze geschaffen und als Highlight sogar ein unterirdischer Drive-In-Rückgabe-Schalter für die am Archivplatz geplante Bücherei eingerichtet werden. Doch dann scheitert die Idee doch noch. Der Gemeinderat kann sich nicht einigen, ob es in der Konny-Hofer-Garage eine Brötchentaste geben soll – oder ob die Zeit für kleine Brötchen in Schorndorf längst abgelaufen ist.

Richi, der Geist aus der digitalen Flasche

Der eigentlich bereits beschlossene Anbau an das Landratsamt wird kurzerhand wieder abgeblasen. Die virtuelle Bauplanung, die bei dem Großprojekt auf Betreiben des Landrats Richard Sigel zum Einsatz gekommen ist, hat sich gewissermaßen verselbstständigt. Bei der Simulation wurde festgestellt, dass künstliche Intelligenz die Aufgaben der Führungsriege auch nicht viel schlechter erledigen würde – und vor allem weit platzsparender. Die Büros der Oberen sind nun frei für produktive Sachbearbeiter. Die Sitzungsleitung bei Kreistagssitzungen übernimmt fortan Richi, der kunstintelligente Geist aus der digitalen Flasche.

In Backnang tut sich was auf dem Kaelbe-Areal, endlich! Der Investor Hermann Püttmer und der Oberbürgermeister Frank Nopper haben das Kriegsbeil begraben und vereinbart, dass das Gelände bebaut wird. Zunächst soll – wie vom langjährigen Stadtrat Alfred Bauer angeregt – auf dem innerstädtische Filet-Grundstück eine riesige Multifunktionshalle errichtet werden. Das Bauwerk hat auch schon einen Namen: Püttmer-Bauer-Halle. Der millionenschwere Unternehmer, der gute Geschäfte auch in arabischen Ländern macht, darf die Halle, die mehrere tausend Besucher fassen kann, auch für Hochzeitsfeiern vermieten. Er geht davon aus, dass auf diese Weise viel Geld in die Kasse gespült wird. Die Kommune darf die Püttmer-Bauer-Halle kostenfrei belegen. Nur deshalb hat die Mehrheit im Gemeinderat ja gesagt zu dem Bauwerk, das speziell an den Wochenenden viel Straßenverkehr anziehen dürfte. Püttmer hat ebenfalls signalisiert, dass er für ausreichend Parkplätze sorgen wird, vermutlich in einer riesigen Tiefgarage. Unterirdisch, motzen die Kritiker, die aber in der Minderheit sind. Außer der Mega-Halle und der Super-Tiefgarage sollen auf dem rund sechs Hektar großen Gelände Wohnungen im Bauhaus-Stil entstehen. Dieses Projekt soll nach dem Willen der Backnanger Kommunalpolitiker noch vor der Internationalen Bauausstellung Stadt-Region Stuttgart im Jahr 2027 komplett fertiggestellt sein und möglichst viele Gäste aus aller Welt in die Stadt locken, die sich spätestens dann völlig zu Recht die Murr-Metropole nennen darf. Es gibt bereits Überlegungen für einen neuen Namen: Backnang, die Mega-Murr-Metropole.

Nach dem völkerverbindenden Erfolg der Interkommunalen Gartenschau entlang der Rems – Menschen aus dem Ostalb- und dem Rems-Murr-Kreis ziehen erstmals in der Geschichte an einem Strang – erachten Außerirdische die Menschheit für reif, Teil der interstellaren Gemeinschaft zu werden und nehmen Kontakt auf. Zur Feier dieses Schritts wird eine Intergalaktische Gartenschau (IGA) entlang der Milchstraße konzipiert. Der schwäbische Astronaut Alexander Gerst übernimmt die Schirmherrschaft. In Weinstadt plant man in memoriam an die vor der Gartenschau abgesoffenen schwimmenden Bühnen bereits eine schwimmende Abschussrampe, den sogenannten „Floating Launcher“.

Die überdachte Rems

Ebenfalls in Weinstadt stellt sich im Herbst heraus, dass der weinselige Gesundbrunnen im Stiftsbad nur ein Lichtblick von kurzer Dauer war. Zusätzlich zur maroden Baddachkonstruktion kommen weitere schwerwiegende Mängel zu Tage. Die Stadt muss die Einrichtung endgültig schließen – und die letzte Ladung abgestandenen Kellereiwein ablassen. Der Aufruhr unter der Bürgerschaft ist groß, da das zweite und letzte Hallenbad in Weinstadt für immer dicht gemacht wird. Eine Lösung muss her – und zwar schnell, vor allem auch um weitere Protestaufmärsche der Bürger vor dem Rathaus zu verhindern. Doch fehlt es nach wie vor an der nötigen Kohle, um ein neues Bad zu errichten. Als rasche und billige Lösung ersinnt der Baubürgermeister Thomas Deißler daher, inspiriert von der neuartigen Bauweise der Gartenschau-Brücke an der Birkelspitze, eine verwegene Konstruktion: eine Überdachung über der Rems. Der Clou: Sie ließe sich nach Belieben versetzen, was leidige Standortstreitigkeiten zwischen den Teilorten im Keim ersticken würde. Und die Stadt könnte durch den ständigen natürlichen Wasseraustausch fast sämtliche Betriebskosten sparen. Im Freudentaumel über die geniale Lösung lässt OB Michael Scharmann im Gemeinderat die Sektkorken etwas zu früh knallen – der Naturschutz spielt mal wieder nicht mit.