Monja Kisch wohnt im Blauen Haus, um viel Zeit für ihre Tochter zu haben. Foto: Eva Funke

Das Blaue Haus feiert Jubiläum. In der Einrichtung leben Angehörige krebskranker Kinder, die im Olgahospital behandelt werden.

Stuttgart - Ein kleines Mädchen lächelt von einem Plakat. Die Heiterkeit, die es ausstrahlt, will nicht recht zu der Aussage des Posters passen: „Ich habe Krebs“. Mit diesem und ähnlichen Motiven macht das Blaue Haus auf sein 35-jähriges Bestehen aufmerksam. Im Blauen Haus am Herdweg 15 finden Familien ein Zuhause, während ihr an Krebs erkranktes Kind im nahen Olgahospital behandelt wird. Das Heim auf Zeit ist für sie Ort der Zuflucht, ganz in der Nähe der jungen Patienten. Denn viele Angehörige kommen von weit her oder aus der Region – wie Monja Kisch.

Die Diagnose zieht den Eltern den Boden unter den Füßen weg

Die 38-Jährige wohnt seit etwa einem halben Jahr im Blauen Haus. Wann immer möglich, waren auch ihre 16-jährige Tochter, der fünfjährige Sohn und der Partner Kischs als Gäste dort. „Dadurch konnten wir Familie auch während der Behandlung von Melia leben“, sagt Kisch. Ihre 12 Jahre alte Tochter Melia war an Lymphdrüsenkrebs erkrankt, auch in der Lunge hatten sich Metastasen gebildet. Melia kam eine Woche nach der Diagnose zur Behandlung ins Olgahospital. Dort hat sie eine sechs Monate dauernde Chemotherapie hinter sich gebracht. „Jetzt ist sie tumorfrei. Allerdings hat sie eine Blutvergiftung bekommen, die wir noch in den Griff kriegenmüssen“, sagt die Mutter.

An den Tag der Diagnose, es war Melias Geburtstag am 22. November im vergangenen Jahr, erinnert sie sich noch: „Krebs! Ich habe gedacht, das kann nicht sein. Dann habe ich nichts mehr gehört und wollte nur noch weg, raus aus der Situation, aufwachen aus dem Albtraum.“ Aber es gab kein aufwachen und der Alltag musste aufrechterhalten werden. „Die meisten Mütter sind in so einer Situation ausgesprochen stark“, sagt Cornelia Völklein, Leiterin der Geschäftsstelle des Blauen Hauses.

Stark war und ist auch Melias Mutter. An einem Tag hat sie sich ins Bad eingeschlossen und „Rotz und Wasser“ geheult, sich dann aber jede Angst verboten: „Es hilft nur eins: Man muss nach vorne gucken und davon überzeugt sein, dass alles gut wird und die Therapie anschlägt. Zweifel darf man nicht zulassen. Das überträgt sich auf das Kind“, stellt sie fest. Seit Melia im Olgahospital ist, ist auch sie jeden Tag von morgens bis abends in der Klinik. „Für die krebskranken Kinder ist es sehr wichtig, dass man da ist, und dass sie wissen, dass man ganz in ihrer Nähe wohnt und auch der Rest der Familie möglichst oft da kommt“, sagt Monja Kisch. Sie, Melia und ihre Familie können jetzt aufatmen. „Der Krebs ist weg, und wir planen, uns einen schönen Sommer in einer Reha-Klinik im Schwarzwald zu machen“, sagt Moja Kisch.

Um die Kosten zu decken, sind Spenden notwendig

Das Blaue Haus, eine großzügige Gründerzeitvilla mit hohen Räumen und Holzboden, betreibt der Förderkreis krebskranke Kinder Stuttgart seit 5 Jahren. Gekauft hat er es für 1,8 Millionen Euro von der Schwäbischen Wohnungsbaugesellschaft. Die 30 Jahre zuvor hat der Verein die kinderonkologische Station im Olgahospital unterstützt. Die 18 Appartements in dem Haus sind zu 90 Prozent ausgelastet. Die Krankenkasse bezahlt pro Nacht 21 Euro. Viele Eltern übernehmen noch einen Eigenanteil von etwa 30 Euro. Allerdings nur, wenn es ihnen möglich ist. Der Aufenthalt in der Einrichtung kann von einem Tag bis zu 1,5 Jahren reichen. Das Kostendefizit gleicht der Förderkreis durch seine Spendeneinnahmen aus. Aus Kostengründen wird auf ein Jubiläumsfest verzichtet. „Uns ist vor allem wichtig, dass die Menschen wissen, dass es unsere Einrichtung gibt. Deshalb haben wir uns die Plakataktion beschränkt“, so Völklein.