Lea Elsemüller und Deniz Gedik sind die neuen Vorsitzenden der Grünen Jugend in Baden-Württemberg. Foto: Grüne Jugend

Der Klimaschutz weckt bei Schülern das politische Engagement. Das gibt besonders der Grünen Jugend Auftrieb – auch im ländlichen Raum. Ihre neuen Vorsitzenden wollen das nutzen.

Stuttgart - „Die junge Generation ist krass politisiert“, konstatiert Deniz Gedik. „Jede Schulklasse weiß bestens über Uploadfilter Bescheid“, hat er erfahren, und Klimaschutz bewegt die Schüler sowieso.

Das will Gedik zusammen mit Lea Elsemüller nutzen. Die beiden sind die neuen Vorsitzenden der Grünen-Jugend (GJ) in Baden-Württemberg. „Es ist gerade eine gute Zeit für die Jugend“, strahlt die 26 Jahre alte Lea Elsemüller. Besonders für die Grüne Jugend. Den Schwung der Straße – zum Beispiel von Fridays for Future – wollen sie und ihr Co-Vorsitzender Deniz Gedik mitnehmen und in die Politik tragen. Und dabei gleich der Mutterpartei und – wenn nötig – auch der Landesregierung Beine machen.

Koalition gelegentlich zu träge

Den Leitantrag der Mutterpartei für den Parteitag im September zur Klimaneutralität will der Nachwuchs überbieten. Klimaneutralität in Baden-Württemberg bis 2040 ist das Ziel des Landesverbands, die Jugend will das Ziel bis 2035 erreichen, Landeseinrichtungen sollen gar bis 2030 klimaneutral werden. In einem Modellversuch sollen Finanzmittel des Landes an Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt werden. „Wir müssen Maßnahmen beschreiben, wie man das Ziel erreicht, nicht nur das Ziel“, sagt Elsemüller, die gerade ihren Master in Informatik macht. Manches gehe in der grün-schwarzen Regierung viel zu langsam.

Beteiligung schreiben sie beide groß: „Man macht einen Fehler, wenn man die Leute nicht einbindet und nicht ernst nimmt“, sagt der 23 Jahre alte Biochemiestudent Gedik aus Mannheim. „Bei uns kann man sich thematisch einbringen, ohne schon 40 Jahre auf der Welt zu sein.“

Dutzende neuer Verbände gegründet

Seit Mai stehen die beiden an der Spitze der Nachwuchsorganisation der Grünen im Südwesten. Jetzt sind sie auf Sommertour durchs Land unterwegs. „Man muss die Leute abholen, wo sie stehen“, meint Gedik. Manche kommen aber auch von selbst. Die Grüne Jugend hat von Anfang Mai bis Anfang August mehr als 300 Mitglieder gewonnen und steht jetzt bei über 1000. Von den Städten breitet sich die Jugendorganisation in die Fläche aus. 34 Orts- und Kreisgruppen hat die Grüne Jugend allein in diesem Jahr schon neu gebildet. Die Ausdehnung reicht vom neuen Kreisverband Waldshut bis in den Kreis Schwäbisch Hall. „Der Verband verändert sich total. Wir fassen als GJ jetzt auf dem Land Fuß“, freut sich Lea Elsemüller.

Nicht nur die Grüne Jugend profitiert vom aktuellen politischen Interesse der jungen Generation. Die jungen Liberalen melden auf Anfrage aktuell rund 1200 Mitglieder, im Jahr 2017 seien es noch 800 gewesen. Überhaupt seien knapp 24 Prozent der FDP-Mitglieder zwischen 16 und 35 Jahre alt. In der SPD sind 6,5 Prozent der Mitglieder unter 35 Jahren alt, das sind etwa 5400, so der Sprecher der Landes-SPD.

Mehr junge Abgeordnete in die Parlamente

Die gute Zeit für die Jugend wollen Elsemüller und Gedik für Forderungen nutzen. Nahverkehrsabgabe und Mobilitätspass gehören dazu, ebenso die Erwartung, dass Baden-Württemberg ethische Standards für die Künstliche Intelligenz entwickelt. Auch im Personal soll sich das neue Gewicht der Jugend niederschlagen. „Unser Ziel ist es, dass der nächste Landtag und der nächste Bundestag jünger und weiblicher werden“, formuliert Lea Elsemüller die Ansprüche. „Wir wollen mitreden bei der Kandidatenaufstellung“, sagen die beiden Nachwuchsparteichefs, die beide selbst Stadträte sind – Gedik in Mannheim, Elsemüller in Tübingen. Was bei der Kommunalwahl gelungen sei – „es gab noch nie so junge Stadträte“, meint Elsemüller –, das wollen sie auf die Landtagswahl übertragen. „Wir wollen den Spirit mitnehmen und die Leute empowern zu kandidieren“, begeistern sich die jungen Grünen. „Dann wird auch das Mitgliederwachstum weitergehen“, zeigt sich Gedik zuversichtlich.