Ein Mitarbeiter vom Roten Kreuz zieht im Vorfeld der Suche nach Infizierten des Ebola-Virus Schutzkleidung an. Bis Freitag gingen die Behörden im Kongo von 45 möglichen Fällen aus. 25 Menschen sind bislang gestorben. Foto: dpa

Zum ersten Mal ist das Virus in einer Großstadt im Kongo aufgetaucht. Die Behörden gehen mit allen Mitteln gegen den Ausbruch vor. Doch ist die Krankheit nun besser beherrschbar? Die Einschätzung von Experten.

Goma/ Genf - Das Ebola-Virus ist zurück – wieder einmal. Dieses Mal trifft es die Demokratische Republik Kongo. Seit der großen Epidemie in Westafrika in den Jahren 2014 und 2015 hat sich in der Forschung einiges getan. Doch ist die Krankheit nun besser beherrschbar? Die Einschätzung von Experten.

Wie viele Ebola-Infizierte gibt es?
Der Kongo hat 21 Fälle des Ebola-Virus bestätigt, 25 weitere Erkrankte haben sich vermutlich angesteckt. Von den 46 sind 26 gestorben. Als „Patient Zero“ – der Patient, mit dem die Krise ihren Anfang nahm – gilt ein Polizist aus einem Dorf südlich der Millionenstadt Mbandaka. In Mbandaka wurden vier Erkrankte festgestellt.
Was macht das Virus so gefährlich?
Ebola löst ein hämorrhagisches Fieber aus, bei dem Blutgefäße durchlässig und Organe geschädigt werden. Dunkle Ergüsse breiten sich unter der Haut aus. Aus Nase, Mund und Augen rinnt Blut. Durchfall und Erbrechen sind weitere Symptome. Die Körperflüssigkeiten und Ausscheidungen der Patienten sind hochinfektiös. Bis zu 90 Prozent der Infizierten sterben. So forderte das Ebola-Virus 1976 bereits 436 registrierte Tote, 1995 folgte eine zweite große Welle mit 254 Toten, um die Jahrtausendwende waren es 500 Menschen, die an Ebola starben. Die bislang größte Epidemie gab es 2014 und 2015 in Westafrika mit rund 11 000 bestätigten Toten. „Im Kongo gab es in der Vergangenheit fast jedes Jahr größere Ausbrüche“, sagt Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), das deutsche Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. Für den aktuellen Ausbruch ist der gleiche Virustyp, das Ebola-Zaire-Virus, verantwortlich wie in Sierra Leone, Liberia und Guinea.
Wieso bricht das Virus immer wieder aus?
„Man vermutet, dass Flattertiere das tierische Reservoir der Ebola-Viren sind“, sagt Peter Kremsner, Direktor des Instituts für Tropenmedizin in Tübingen. Affen und andere Tiere erkranken, indem sie infizierte Flughunde essen oder Obst, an dem Fledermäuse oder Flughunde genagt haben. „Menschenaffen werden von Wilderern erlegt“, sagt Kremsner. Durch die Aufbereitung und den Verzehr von Buschfleisch nehmen sie das Virus auf und verbreiten es weiter. Meist bleibt die Erkrankung gut beherrschbar, weil sie kleinere Dörfer in ländlichen Regionen betrifft. „Doch darauf verlassen sollte man sich nicht, wie die Beispiele in Westafrika zeigen“, sagt Kremsner. Auch PEI-Chef Cichutek warnt: „Das Ebola-Virus ist nicht automatisch ausgerottet, auch wenn es gelungen ist, durch Impfungen, Isolation und Nachverfolgung von Kontaktpersonen bereits Infizierter, die Übertragungskette zu unterbrechen und den Ausbruch zu beenden.“
Wie weit ist die Forschung nach einem Impfstoff gegen das Virus gediehen?

Nach der Epidemie in Westafrika 2015 wurde die Impfstoffentwicklung insbesondere dreier Wirkstoffe intensiv vorangetrieben. Normalerweise dauert so ein Prozess zehn bis 15 Jahre, heißt es beim PEI. Erschwerend kommt bei Ebola hinzu, dass nach Abklingen eines Ausbruchs die Wirksamkeit eines Impfstoffs nur schwerlich überprüft werden kann, so Cichutek. Doch im Oktober 2017 vermeldete die Universität Tübingen einen Erfolg: Internationale Forscher haben erfolgreich einen der drei Impfstoffkandidaten gegen Ebola-Viren an Menschen getestet. Inzwischen steht der Wirkstoff rVSV-ZEBOV, der von dem US-Konzern Merck in Burgwedel bei Hannover hergestellt wird, kurz vor der Zulassung. Zum Einsatz kommt er dennoch: 4000 Einheiten seien von der kongolesischen Regierung freigegeben worden. Der Impfstoff besteht aus einem lebenden Virus für Tierkrankheiten, dem die Forscher das Gen für das wichtigste Oberflächenprotein des Ebola-Erregers verpasst haben. Wird das Virus dem Menschen geimpft, verursacht es eine leichte Infektion, die das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern gegen das Ebola-Oberflächenprotein veranlasst. „Der Wirkstoff wird vom Menschen recht gut vertragen“, sagt Peter Kremsner. Der Tübinger Tropenmediziner ist einer der Koordinatoren der internationalen Impfstudie und leitet die Testreihen im zentralafrikanischen Gabun. Es habe zwar in Einzelfällen Nebenwirkungen wie eine Gelenkentzündung gegeben, „aber diese sind nie schwerwiegend gewesen“.

Ist der Ausbruch kontrollierbar?
Seit der großen Epidemie 2014 wurden keine umfassenden Verbesserungen an den Gesundheitssystemen afrikanischer Länder vorgenommen, heißt es beim PEI. „Und das Virus ist unberechenbar“, sagt Kremsner. Man wisse nicht, wie sich die Infektion entwickeln wird und ob in den kleineren Provinzen neue Herde entstehen. Da könne das Virus leicht verschleppt werden. Auch PEI-Chef Cichutek teilt die Sorgen: „In Großstädten besteht eine vermehrte Ansteckungsgefahr durch direkten Kontakt mit Infizierten.“ Derzeit befinden sich rund 100 Experten der WHO und von Ärzte ohne Grenzen im Ausbruchsgebiet. In Mbandaka werden Isolierstationen eingerichtet und wird medizinische Ausrüstung eingeflogen. Die Pflegekräfte werden immunisiert und die Personen, die mit dem Erkrankten in Kontakt gekommen sind. Da der Impfstoff bei Temperaturen von rund minus 80 Grad aufbewahrt werden muss, wird er von Kinshasa aus eingeflogen.
Wie sehen Experten die Risiken, dass es zu einer weiteren Epidemie kommt?
Nach Einschätzung der WHO ist das Risiko einer internationalen Ausbreitung relativ hoch, eine globale Krise droht aber nicht. Auch andere Experten sehen das Ziel, die Ebola-Infektion beim Ausweiten zu hindern, für sehr realistisch. „Die Situation ist heute sehr viel besser als vor vier Jahren“, sagt Gisela Schneider, die Direktorin des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission (Difäm). Es gebe einen Impfstoff, und die „Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisation vor Ort klappt sehr gut“. Das Difäm hat während der Ebola-Epidemie in Westafrika christliche Gesundheitsorganisationen in Sierra Leone und Liberia medizinisch unterstützt und ist im Osten Kongos tätig. Nun wollen die Tübinger Ärzte ihre Hilfe auch in den von Ebola betroffenen Regionen anbieten.